„Ein gutes Signal, gerade für Start-ups“

Der High-Tech Gründerfonds startet seinen vierten Fonds: Ein zugesagtes Volumen von mehr als 400 Mio. Euro hat der HTGF IV im First Closing erreicht. Es ist der bisher größte Fonds des Seedinvestors, dessen First Closing von Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, jetzt auf dem HTGF Family Day verkündet wurde. Im Interview sprechen die HTGF-Geschäftsführer Alex von Frankenberg und Guido Schlitzer über das erfolgreiche Fundraising und blicken auf die Aussichten für Start-ups.


Alex, Guido, endlich wieder Family Day in Bonn, oder?

Alex: Ich habe nachgerechnet: Zwischen dem letzten Family Day vor Corona und dem Family Day 2022 lagen genau 1112 Tage. Es war supergut, dass wir uns jetzt wieder treffen konnten. Mit rund 1000 Gästen fand wieder einmal ein toller Austausch statt.

Guido: Die Stimmung war sehr gut, die Gäste entspannt, wir freuen uns sehr, dass wir die HTGF-Family wieder zusammenbringen konnten. Unsere Fondinvestoren, Netzwerkpartner, Kolleginnen und Kollegen aus dem Venture-Capital, aktuelle Portfolio-Companies, aber auch Gründer:innen, die schon einen Exit gemacht haben.

Und dann auch noch mit der guten Nachricht zum HTGF IV. Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck verkündete das First Closing in seiner Videobotschaft und sagte: „Deutschland braucht Start-ups, die durch ihre Geschäftsideen die Transformation voranbringen.“ 

Alex: Absolut. Innovation und Technologie sind eine entscheidende Antwort auf viele Herausforderungen unserer Zeit, und Start-ups gehören zu den Innovationstreibern.

Guido: Wir haben in den 17 Jahren seit Bestehen des HTGF mehr als 670 Seedinvestments gemacht. Wir haben also viel Erfahrung und sehen das Potenzial. Unser neuer Fonds ist ein gutes Signal, gerade für Start-ups.

Geschäftsführer HTGF
v. l. n. r. Dr. Alex von Frankenberg und Guido Schlitzer, Geschäftsführer des HTGF (Bild: High-Tech Gründerfonds)

Bevor wir zu der Frage kommen, was Start-ups vom neuen Fonds erwarten können, lasst uns noch einmal kurz auf das Fundraising blicken. Neben dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und der KfW Capital beteiligen sich 40 Unternehmen als Investoren, das Second Closing erfolgt noch in diesem Jahr. Wer ist dabei?

Guido: Vor allem der Mittelstand ist stark vertreten, hinzu kommen zahlreiche Großunternehmen und Family Offices.

Alex: Es sind nahezu alle Branchen dabei, uns freut die Breite sehr. Software, Maschinenbau, Medizintechnik, Pharma und Chemie, Banking und viele mehr. Nur die Versicherungsbranche fehlt.

Das heißt, eine Versicherung als Fondsinvestor könnte sich noch melden?

Alex: Klar. Das Second Closing werden wir allerdings noch in diesem Jahr machen. Die große Nachfrage und das Interesse, vor allem aus dem Mittelstand, hat unsere Erwartungen übertroffen. Wir haben erfahrene Firmen dabei, die älteste wurde schon 1756 gegründet; unser jüngster Fondsinvestor ist 2008 gegründet worden, ist also sogar jünger als der HTGF.

Guido: Wir verstehen uns ja auch als Plattform, die Start-ups mit erfahrenen Unternehmen zusammenbringt. Wir wissen, dass dies die Innovationskraft aller Beteiligten langfristig stärkt. Wir wollen so letztlich auch einen wichtigen Beitrag zum Wirtschaftsstandort Deutschland und Europa leisten.

Weil ihr von übertroffenen Erwartungen sprecht: In Eurem dritten Fonds hattet ihr 319,5 Mio. Euro nach dem Second Closing. Jetzt habt ihr bereits ein zugesagtes Volumen von mehr als 400 Millionen Euro erreicht. Hattet ihr damit gerechnet?

Alex: Wir hatten es angestrebt. Das Feedback war sehr gut. Einer unserer Fondsinvestoren hat sofort nach Anfrage zugesagt, noch am selben Tag. Ein anderer hat uns über zwölf Jahre beobachtet und sich jetzt entschieden mitzumachen. Wir freuen uns über beides und das insgesamt große Interesse. Es zeigt das Vertrauen in unsere Arbeit.

Was war besonders während des Fundraisings?

Alex: Wir haben das Fundraising diesmal sehr breit aufgestellt. Das gesamte Team hat mitgearbeitet. Wir haben also gerade zu Beginn viel Zeit investiert, alle Teammitglieder zu enabeln und zu unterstützen. Das tolle Ergebnis ist ein Erfolg des gesamten HTGF-Teams.

Guido: Wir hatten irgendwann Momentum erreicht, dann war es ein Selbstläufer. Die Schlussphase war natürlich nochmal intensiv. Es gibt über die Zeit im Fundraising viel Interesse, aber die finalen Zusagen und Unterlagen kommen dann erst eben in den letzten fünf Wochen, dann gilt es die letzten Fragen zu klären. Ab dann war klar, dass alles klappt.

Was können Start-ups vom vierten Fonds erwarten?

Guido: Wir werden weiterhin in alle wichtigen Bereiche investieren, Digital Tech, Industrial Tech, Life Sciences und Chemie. Es kommen gerade aus den Universitäten und Forschungseinrichtungen auch zunehmend komplexe und hoch innovative Themen, egal ob im Quantencomputing, im Fintech-, Blockchain- Pharma- oder Deeptech-Bereich, um nur einige zu nennen. Hier werden wir sicherlich weitere Schwerpunkte sehen.

Nun ist die gesamtwirtschaftliche Lage herausfordernd. Inflation, steigende Zinsen, die Aktienmärkte durchlaufen eine Korrektur, gerade im Tech-Bereich, dazu die Geopolitik und Krieg. Der HTGF investiert trotzdem weiter?

Alex: Absolut. Die Gesamtsituation ist zwar komplett anders als noch vor einem halben Jahr. Der Reflex von rein privaten Investoren in schwierigen Zeiten ist dann oft, die Investitionen zurückzufahren. Wir allerdings werden weiter in rund 40 Start-ups pro Jahr investieren. Der HTGF ist nach dem Platzen der New-Economy-Blase gegründet worden und hat investiert. Wir haben nach der Finanzkrise Ende der Nullerjahre weiter investiert und auch während Corona. Der HTGF ist ein stabiler Anker.

Guido: Man weiß nicht, wie es sich entwickelt. Es sieht momentan nicht danach aus, dass es zu einem Absturz wie etwa nach dem Platzen der Dotcom-Blase kommen wird, da sind wir heute im Venture-Capital-Bereich und im Start-up-Ökosystem auf einem ganz anderen Niveau. Unser Fundraising ist ein gutes Zeichen: Wir haben mehr Geld für Start-ups zur Verfügung.

Was heißt das genau?

Guido: Im Durchschnitt haben wir pro Start-up im ersten Schritt bisher rund 630.000 Euro investiert. Das können wir mit dem HTGF IV im Schnitt sicherlich erhöhen, auf 800.000 bis zu 1 Mio. Euro. Insgesamt konnten wir bisher auch bis zu 3 Mio. Euro pro Start-up investieren, künftig in Einzelfällen auch einmal bis zu 5 Mio. Euro. Wir haben durch das sehr erfolgreiche Fundraising einfach mehr Spielraum.

Was ist Eure wichtigste Botschaft an alle, die überlegen genau jetzt zu gründen?

Alex: Wer als Gründerin und Gründer überzeugt ist, lässt sich von Krisen nicht abschrecken. Zahlreiche erfolgreiche Unternehmen sind auch in schwierigen Zeiten gegründet worden. SAP und Microsoft nach der Ölkrise in den 1970er-Jahren, Facebook nach dem Ende der New Economy in den Nullerjahren. Darum ist unsere Botschaft: Lasst euch nicht entmutigen, gründet trotzdem. Wir stehen als verlässlicher Investor und Partner bereit.

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