Investitionen in Drug Development: „Wir müssen an die Quelle der Deals“
Dr. Frank Hensel ist Principal beim High-Tech Gründerfonds (HTGF). Dort betreut er vor allem Start-ups aus dem Bereich der Medikamentenentwicklung. Vor seiner Zeit beim HTGF war Frank Hensel selbst erfolgreicher Gründer und kann diese Erfahrung aus der Praxis nun mit den Start-ups teilen. Wir sprechen mit ihm über die Herausforderungen der Branche, wie der HTGF nach neuen Innovationen sucht, und warum Partnerschaften gerade in diesem Bereich so wichtig sind.
Frank, du konzentrierst deine Investitionen auf den Bereich Medikamentenentwicklung. Wie ist es um die Branche in Deutschland generell bestellt?
Frank Hensel: Deutschland ist hier traditionell sehr gut aufgestellt. Wir haben eine starke Pharmaindustrie, die sich international sehen lassen kann. Das liegt an der guten Forschungslandschaft in Deutschland, an unseren Universitäten und Wissenschaftler:innen. Aber natürlich sehen wir auch Herausforderungen. Der Transfer zwischen Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft funktioniert noch nicht optimal. Daran müssen wir arbeiten.
Was genau versteht man unter Transfer?
Frank Hensel: Transfer oder die Translation bedeutet, dass Ergebnisse aus der Wissenschaft in Geschäftsmodelle und Start-ups überführt werden, also eine Kommerzialisierung stattfindet. Viele Forschende in Deutschland sind sich dieses Potenzials gar nicht bewusst. Sie konzentrieren sich oft vor allem auf Publikationen – zweifellos auch sehr wichtig. Aber wenn wir ins Ausland schauen, vor allem in die USA, dann sehen wir: Es geht auch beides, wissenschaftliches Publizieren und die Übersetzung in Geschäftsmodelle.
Warum tut sich Deutschland damit so schwer?
Frank Hensel: Es fehlen die Strukturen. Im Moment sieht es ein bisschen nach zwei Fronten aus: Die freie Wissenschaft auf der einen und Biotechs/Pharmaindustrie auf der anderen Seite. Wir müssen noch mehr Verbindungen schaffen. Hier liegt viel Potenzial brach, sowohl in innovativer als auch in finanzieller Hinsicht, das wir als HTGF zu heben versuchen.
Wie hebt ihr diese Potenziale?
Frank Hensel: Wir gehen direkt an die Hochschulen und Tech Hubs. Sprechen mit den Professor:innen und möglichen Gründer:innen. Schauen, wo wir vielversprechende Ideen und Innovationen finden. Wir coachen die Wissenschaftler:innen vor Ort in Sachen Entrepreneurship und bringen ihnen das Thema Gründung näher. Unser Ziel ist es, diese Menschen zu erreichen, vielleicht bevor sie selbst auf die Idee kommen, ein Unternehmen zu gründen.
Wie geht ihr auf die Universitäten und Tech Hubs zu?
Frank Hensel: Generell pflegen wir einen engen Austausch mit den Hochschulen. Ein zentraler Aspekt sind aber sicherlich Veranstaltungen wie unsere Pitch-Days, die wir sehr erfolgreich mit Universitäten und Forschungszentren durchführen sowie die Teilnahme an Konferenzen. So bringen wir die Community der Investoren, Forschenden und Gründer:innen zusammen. Darüber hinaus akquirieren wir bei erstklassigen Forschungseinrichtungen und haben eine sehr enge Partnerschaft mit den großen Technologietransfergesellschaften in Deutschland. Auch hier stellen wir viele Kontakte her und kommen mit potenziellen Partner:innen ins Gespräch.
Warum ist dieser Austausch so wichtig?
Frank Hensel: Zum einen geht es natürlich darum, uns als HTGF bekannter zu machen. Und generell mehr Wissen über Gründungen im Bereich Drug Development zu verbreiten. Wir als HTGF verstehen uns auch immer als Netzwerker. Als zentraler Ankerpunkt, der Menschen und Ideen zusammenbringt. Diese Aufgabe ist gerade in diesem Bereich sehr wichtig, da Menschen aus dem Life-Sciences-Bereich traditionell etwas zurückhaltender sind, wenn es um Gründungen geht. Wir wollen den zukünftigen Gründerinnen und Gründern auch zeigen, dass wir ein Netzwerk haben, das man nutzen und frühzeitig ansprechen kann. Damit tragen wir dazu bei, die Mauern zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ein Stück weit einzureißen. Das ist sehr wichtig.
Ganz generell: Auf was achtet der HTGF bei Investitionen in neue Drug Development Innovationen und Technologien?
Frank Hensel: Ein wichtiger Aspekt ist sicherlich, dass sie für Pharmaunternehmen und potenzielle Partner interessant sind. Investitionen in die Arzneimittelentwicklung sind sehr kostspielig. Es muss langfristig sichergestellt sein, dass sich die Investition lohnt und später einmal vielen Patientinnen und Patienten helfen wird. Diese Aussicht muss bereits in der Seed-Phase gewährleistet sein. Deshalb sind auch hier Partnerschaften so wichtig. Wir als HTGF sind Teil großer internationaler Konsortien, die gemeinsam in Start-ups der Medikamentenentwicklung investieren. Dazu gehören andere institutionelle Investoren genauso wie private Investoren und Pharmaunternehmen. Nur gemeinsam können wir diese intensiven Investitionen langfristig stemmen.
Wie ist das Portfolio des HTGF im Bereich Medikamentenentwicklung aufgestellt?
Frank Hensel: Wir haben ein sehr breites und gut diversifiziertes Portfolio. Aktuell sind wir in rund 40 Drug-Development-Unternehmen investiert. Das ist schon ein beachtlicher Teil der Szene in Deutschland. Ich denke da zum Beispiel an Smartbax, die neue Antibiotika gegen multiresistente Bakterien entwickeln. Oder an Tubulis, die neuartige potente und zielgerichtete Medikamente gegen verschiedene Krebserkrankungen in die Klinik bringen werden und schon eine große Kooperation mit Pharma abschließen konnten. Und dass uns mit der Myr Pharmaceuticals nicht nur der erfolgreichste Exit in der Geschichte des HTGF, sondern auch eine der wenigen Medikamentenentwicklungen, die in Deutschland zur Zulassung entwickelt wurde, gelungen ist, zeigt das Potenzial dieses Bereichs.
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