„Im Bereich Industrial Tech liegt gigantisches Innovationspotenzial“ 

Mehr als 25 Jahre hat Markus Kückelhaus für Konzerne Innovation, Strategie und Finanzthemen vorangetrieben – und dabei auch viel mit Start-ups zusammengearbeitet. Nun startet der 53-Jährige als neuer Partner beim High-Tech Gründerfonds. Im Interview erläutert er die Chancen einer Zusammenarbeit von Konzernen und Start-ups, blickt auf die Trends im Bereich Industrial Tech und verrät, was er von Start-ups in Deutschland erwartet.  


Markus, herzlich willkommen beim HTGF. Wir freuen uns sehr, dass du da bist. Stell dich doch einmal kurz vor.  

Vielen Dank für das herzliche Willkommen und klar, sehr gerne: Ich beschäftige mich seit mehr als 25 Jahren mit Innovationen, Finanzen und Strategiethemen, zuletzt bei der Deutsche Post DHL Group. Dort war ich als Vice President Innovation & Trend Research für die Innovationsaktivitäten verantwortlich – und weil Deutsche Post DHL als Fondsinvestor beim HTGF tätig ist, kenne ich den High-Tech Gründerfonds schon eine ganze Weile aus enger Zusammenarbeit. Umso mehr freue ich mich jetzt, mit meiner Erfahrung das Team zu ergänzen und zu unterstützen.

Markus Kückelhaus, Partner Industrial Tech beim HTGF

Wie würden andere dich beschreiben? 

Gute Frage. Vielleicht würden sie sagen, dass ich ganz gut beurteilen kann, was bei Innovationsthemen geht – und was vielleicht nicht geht. Wir alle müssen in dem Hype, der oft im Bereich Technologie steckt, differenzieren, welche Themen relevant sind. Ich finde es großartig, dies nun als VC in der frühen Seed-Phase leisten zu können. Ich habe den HTGF während der vergangenen Jahre als hochprofessionell kennengelernt. Die Zusammenarbeit habe ich stets als sehr wertschätzend und freundschaftlich empfunden. Diese Kombination hat mich dazu bewogen, jetzt hier loszulegen. 

Noch hast du einen eher externen Blick: Was hast du in deiner alten Rolle an der Zusammenarbeit mit dem HTGF geschätzt? 

Als Fondsinvestor des HTGF hat die Deutsche Post DHL Group – und ich als Vertreter im Investment-Komitee – viel Einblick in das Start-up-Ökosystem. Das Screening, das der HTGF hier leistet, ist in Deutschland einzigartig und bietet großen Corporates eine hervorragende Möglichkeit, Technologien und Trends zu entdecken. Wir haben bei Deutsche Post DHL auch immer wieder mit Portfolio-Unternehmen des HTGF kooperiert und in Proof of Concepts innovative Lösungen – vom Reinigungsroboter bis zur Inventurdrohne – auf ihre Einsatzfähigkeit in der Logistik getestet. Hierdurch wurde sehr frühzeitig erkennbar, welche Technologien im rauen Industrieumfeld funktionsfähig sind, und wie sich auch ein Kosten-/Nutzen Verhältnis konkret darstellt.  

Du sagtest zu Beginn, es sei wichtig zu beurteilen, was geht und was nicht geht. Was heißt das für Start-ups? Was geht in der Zusammenarbeit mit Konzernen? 

Start-ups müssen verstehen, dass Konzerne an systemischen Lösungen interessiert sind, nicht nur an technologischen Komponenten oder einem Stück Hardware. Es geht darum, Effizienzen zu heben, das Portfolio zu ergänzen oder neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Meiner Erfahrung nach tun sich viele Start-ups vor allem im Industrie-Bereich mit diesem Verständnis oft noch schwer und laufen Gefahr, sich zu sehr auf eine einzige technologische Komponente zu konzentrieren, die sie einmal entwickelt haben, anstatt in systemischen Lösungen zu denken. Konzerne brauchen Angebote, die über mehrere Jahre einsetzbar sind. Und zwar mit allem, was dann dazu gehört. 

Was sollten Start-ups noch beachten, wenn sie mit Konzernen in die Zusammenarbeit starten?  

Große Unternehmen stellen sich zu Beginn einer Zusammenarbeit die Frage: Wie weit wollen wir springen, wie viel müssen wir investieren? Innovationen, die interne Prozesse optimieren und so etwa Kosten reduzieren, sind natürlich Quick Wins. In diesem Bereich ist es für Start-ups mit am einfachsten, ins Geschäft mit Konzernen zu kommen.  

Wann wird es herausfordernder? 

Sobald mit einer Start-up-Idee ein neuer Markt erschlossen werden muss, wird es für Konzerne schnell komplizierter, dann gilt es neue Strukturen aufzubauen. Noch herausfordernder wird es, wenn ein neues Produkt integriert werden muss, das nicht zum Kerngeschäft gehört. Beide Seiten müssen sich dieser Prozesse bewusst sein, sowohl Konzern als auch Start-up. Und zwar relativ früh, um – wie schon gesagt – zu beurteilen, was geht und was vielleicht auch nicht geht. Ich möchte hier mit meiner Erfahrung künftig beide Seiten unterstützen.  

Du hast in deiner vorigen Rolle mit Start-ups aus der ganzen Welt gearbeitet. Wie ist dein Blick auf die Szene hierzulande? 

Es kommt unwahrscheinlich viel aus Deutschland, gerade aus der Forschung von Universitäten und Instituten. Gleichzeitig möchte ich für mehr Mut appellieren, gute technologische Lösungen schneller an den Markt zu bringen und groß zu machen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass dieser Mut zu skalieren hierzulande etwas fehlt, gerade im Vergleich zu anderen Nationen. Dabei ist der Fundus an guten Ideen, Technologien und Business-Modellen hierzulande wirklich groß. 

Du startest als Partner im Bereich Industrial Tech. Was sind hier die großen Trends? 

Ein Riesenthema bleibt Robotics gepaart mit Automatisierung, das ist für das gesamte produzierende Gewerbe relevant. Greiftechnologien von Robotern haben sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt, aber hier ist weiterhin Potenzial, auch in Kombination mit Computer Vision. Zudem wird sich im Bereich Mensch-Maschine-Interaktion viel tun, Stichwort Bionic Enhancement. Es geht nicht so sehr um die Frage „Mensch oder Maschine“, sondern vielmehr um „Mensch und Maschine“. Wie können Datenbrillen, Exoskelette oder andere Technologien Menschen in ihrer Arbeit unterstützen. Und natürlich bleibt das Thema Internet of Things (IoT) relevant. Hier hoffe ich auf Entwicklungen weg von reinen Insellösungen.  

Kannst du das näher erläutern? 

Rund um das Thema IoT gibt es seit Jahren einen großen Hype. Aber es gibt bisher eben viele Einzellösungen; nun muss die Frage beantwortet werden, wie die Kombination aus Hardware, Software und neuer Übertragungstechnologien wie 5G und Analysemöglichkeiten beispielsweise unter Zuhilfenahme von Künstlicher Intelligenz über Wertschöpfungsketten hinweg eingesetzt werden kann. Hier braucht es gerade im Industriebereich, der im Vergleich zum Consumer Markt deutlich fragmentierter ist, noch gute Antworten. Und darum liegt hier – wie im gesamten Industrial Tech-Bereich – auch ein gigantisches Innovationspotenzial.

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