„Ein ganzes Jahrzehnt in 18 Monaten“ – Tanja Emmerling im Gespräch mit bookingkit-Gründer Christoph Kruse

Geprägt von sich oft ändernden Vorgaben und viel Unsicherheit mussten viele Unternehmen der Reise- & Freizeitbranche in den letzten Monaten Rückschläge hinnehmen. Noch intensiver wird diese Zeit, wenn man ein junges, aufstrebendes Unternehmen ist. Mein Portfolio-Unternehmen bookingkit ist ein solches Start-up. bookingkit ist seit 2015 Mitglied der HTGF-Family, es bietet Software-as-a-Service-Lösungen im Freizeit- und Erlebnisbereich. Natürlich habe ich auch in den vergangenen durchaus schwierigen Monaten das Gründerteam begleitet. Was ich beobachten durfte, war beeindruckend: Trotz der stetigen Unsicherheit konnten die Gründer sich und ihr Unternehmen stark weiterentwickeln. Darum habe ich Anfang Juni 2021, zum Beginn der großen Reise- und Urlaubszeit in Deutschland, Gründer Christoph Kruse ein paar Fragen gestellt. Seine Antworten sind ein Einblick in die richtigen Maßnahmen in schwierigen Zeiten – und ein Ausblick auf die Zukunft der Reisebranche. 

Christoph Kruse (Bookingkit) und Tanja Emmerling (HTGF)
Christoph Kruse (Gründer von Bookingkit) und Tanja Emmerling (Partner beim HTGF) – v. l. n. r.

Christoph, in den ersten Bundesländern haben die Ferien begonnen. Trotz der Unsicherheit, die vielerorts noch zu spüren ist, wird die Leisure- und Travelbranche ein Comeback erleben?

Das Comeback ist bereits da! Wir haben – wie im Übrigen auch schon 2020 – bereits kurz nach der Ankündigung von Lockerungen sofortige Sprünge in den Buchungszahlen gesehen. Diese haben in kürzester Zeit das Buchungsniveau eines „normalen“ Jahres überschritten und sich nun auf einem überdurchschnittlichen Level eingependelt. Die großen Anbieter unter unseren Kunden, wie insbesondere Zoos, Freizeitparks und Tourveranstalter, sind bereits mit voller Kraft zurück.

Denkst du, dies ist mehr ein Sommer-Effekt oder ein Zeichen langfristiger Erholung?

Das ist natürlich immer abhängig vom weiteren Pandemieverlauf, aber wir rechnen aktuell damit, dass uns dieser Nachholeffekt durch das Weihnachtsgeschäft hindurch bis ins nächste Jahr erhalten bleibt. Denn der riesigen Nachfrage steht ja an vielen Orten eine verminderte Kapazität gegenüber, etwa aufgrund von Hygienevorgaben, aber auch durch die Anpassung von Teamgrößen oder gekündigten Objekten während des Lockdowns. Das muss sich nun im wahrsten Sinne des Wortes alles etwas erholen – und das braucht Zeit.

Jetzt war Corona nicht nur für die Branche, sondern auch für euch als Unternehmen sehr herausfordernd. Wie habt ihr die Zeit erlebt?

Wir haben für bookingkit relativ schnell erkannt, dass in dieser Krise eine enorme Chance für unser Unternehmen liegt, wenn es uns gelingt, aktiv zu bleiben. Dabei spielen ein engagiertes Team, ein sehr gutes Produkt, Kreativität und Flexibilität eine entscheidende Rolle. Dieses Setting hatten wir und haben es während der Krise weiter kultiviert, etwa durch Investitionen in die Produktentwicklung, interne Task Forces und Ideenwettbewerbe, aber selbstverständlich auch mit Veränderungen und Optimierungen unserer Strukturen und Abläufe. Für das bookingkit Management-Team hatte es höchste Priorität, allen Entwicklungen – so unsicher und chaotisch sie von außen betrachtet aussahen – einen Rahmen zu geben. Und so konnten wir während der Pandemie sowohl den Tag mit den bislang wenigsten als auch den Tag mit den meisten Buchungen in der Unternehmensgeschichte sehen – letztere Marke ist aktuell jedoch beinahe täglich hart umkämpft.

Der Pandemie wird aktuell nachgesagt, ein Treiber für Digitalisierungsprozesse zu sein. Könnt ihr seit Beginn der Pandemie eine gesteigerte Nachfrage im Bereich Digitalisierung von Prozessen feststellen können?

Das können wir absolut bestätigen. Zwar haben wir auch vor der Pandemie bereits eine leichte Beschleunigung wahrgenommen. Aber durch die Entscheidungen der Politik in der Pandemie gab es ja schließlich eine „verordnete Digitalisierung“ mit sehr gezielten Anforderungen. Für bookingkit Kunden waren Dinge wie Kontaktnachverfolgung, Kapazitätsmanagement und Zeit-Slot-Tickets ohnehin bereits möglich, nur in einem anderen Kontext.

All diese Entwicklungen – Onlinebuchungen, auch die Erfahrungen mit Online-Shopping und Videokonferenzen – haben aus unserer Sicht sehr viel Skepsis durchbrochen und zu einer allgemeineren Akzeptanz digitaler Abläufe geführt. Zwar rechnen wir damit, dass ein Teil des zukünftigen Ticketkaufs auch wieder analog und face-to-face stattfinden wird, einen kompletten Rückbau in die analoge Welt wird es nicht geben.

Wagen wir den Ausblick. Wie wird es mit der Reisebranche weitergehen? Welche Trends siehst du? 

Da aktuell alle Bereiche, die wiedereröffnen dürfen, nahezu überrannt werden, lässt sich für uns momentan kein wirklicher Trend erkennen. Jetzt zu behaupten, Outdoor sei ein Trend, wäre verzerrt. Was wir aber sagen können, ist, dass viele Menschen aufgrund der Beschränkungen von internationalen Reisen auf Erlebnisangebote im Inland bzw. auch sehr stark in der eigenen Region ausgewichen sind. Das wird sich mit der Öffnung des internationalen Reisemarktes sicher wieder relativieren. Aber die Erkenntnis und Erfahrung, dass es im eigenen Land viele verschiedene und äußerst attraktive Freizeitmöglichkeiten gibt, wird bleiben.

Auch Themen wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind in der gesellschaftlichen Diskussion sehr präsent, auch sie werden sich natürlich auch im Erlebnisbereich widerspiegeln. Ich bin mir sicher, dass es zukünftig vermehrt Angebote geben wird, die den Wunsch nach Nachhaltigkeit direkt adressieren.

Nehmen wir an, ihr würdet ein Buch über die letzten 18 Monate eures Unternehmens schreiben. Wie wäre der Titel dieses Buches?

(lacht) „Achterbahn der Digitalisierung – ein ganzes Jahrzehnt in 18 Monaten“ – ein Bestseller.

P.S.: Wollt ihr mehr über Christoph erfahren ? Dann hört unseren Podcast:  Podcast Episode 11 | HTGF

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