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ESG im HTGF: Innovationen nachhaltig gestalten 

Im Gespräch geben Claudia Raber und Dr. Adrian Fuchs aus unserem ESG-Team Einblicke in ihre Arbeit und stellen den kürzlich veröffentlichten ESG-Bericht des High-Tech Gründerfonds (HTGF) vor. Dabei gehen sie auf die Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Start-up-Welt ein und zeigen, wie der Seed-Investor und sein Portfolio aktiv zu einer nachhaltigeren Zukunft beitragen. 


Kürzlich wurde unser erster ESG-Bericht veröffentlicht. Worauf liegt der Fokus? 

Claudia: Im Mittelpunkt des ESG-Berichts steht unsere vierte Fondsgeneration, der HTGF IV, den wir Ende des letzten Jahres aufgelegt haben. Wir blicken auf das Jahr 2022, genauer gesagt das vierte Quartal, in dem die ersten Investitionen im neuen Fonds getätigt wurden. Wir geben einen Überblick über den Status quo – also, wo stehen wir momentan? In welchen Bereichen sind wir aktiv? Wir nähern uns dem Thema Nachhaltigkeit sowohl auf Fondsebene als auch im Portfolio und geben abschließend einen Ausblick, wo wir hinwollen. 

Wie sieht eure ESG-Arbeit beim HTGF aus? 

Adrian: Zum einen integrieren wir Nachhaltigkeitsaspekte in unsere Prüfung von potenziellen Investitionen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Interaktion mit unseren Portfoliounternehmen. Hier bieten wir zum Beispiel Schulungen zu verschiedenen ESG-Themen an, um das Bewusstsein und die Umsetzung von nachhaltigen Praktiken zu fördern. Eine Säule bildet zudem das ESG-Reporting unserer Portfoliounternehmen an uns. Und dann gehört auch die Kommunikation und der rege Austausch mit unseren Fondsinvestoren und Netzwerkpartnern rund um ESG-Themen zu unserer Arbeit.  

Claudia: Zudem erstreckt sich unsere Arbeit auf unser eigenes Team. Das heißt, wir versuchen uns als HTGF mit mittlerweile rund 100 Mitarbeitenden in verschiedenen Bereichen nachhaltig aufzustellen.  

Das ESG-Team des HTGF: Adrian Fuchs und Claudia Raber

Der HTGF investiert seit knapp einem Jahr aus dem HTGF IV. Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um Nachhaltigkeit bei Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen? 

Adrian: Wir führen im Rahmen unserer Due Diligence (DD) nun auch eine ESG-DD mit jedem potenziellen Portfoliounternehmen durch. Dabei setzen wir auf ein ESG-Screening, um sicherzustellen, dass wir in den jeweiligen Sektor auch investieren dürfen. Ein aktuelles Beispiel ist die Absage an ein Softwareunternehmen, das in der Glücksspielbranche aktiv ist. Zusätzlich erfassen wir Nachhaltigkeitsmetriken wie Emissionen oder Diversität. So können wir neben den später vorliegenden Reporting-Daten bereits erste ESG-Datenpunkte erfassen. Als letzten Punkt in der ESG-DD ordnen wir die Unternehmen den Sustainable Development Goals (SDGs) zu, um ein grobes Clustering unseres Portfolios vorzunehmen. 

Claudia: Der HTGF IV ist ein sogenannter Artikel-8-Fonds. Damit können wir das fortsetzen, was wir seit 2005 bewiesen haben und was wir sehr gut können. Nämlich junge Technologieunternehmen zu finanzieren und voranzubringen – nun auch mit Fokus auf ökologische und soziale Merkmale. Das heißt, wir arbeiten gemeinsam mit unseren Ventures daran, dass sie Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsmodelle integrieren.  

Zur Differenzierung: Wir sind kein Artikel-6-Fonds, der Nachhaltigkeitsaspekte völlig außer Acht lässt. Wir sind aber auch kein Artikel-9-Fonds, der zusätzlich zu der nachhaltigen Ausrichtung seiner Investitionen auch übergreifende Nachhaltigkeitsziele verfolgt. 

Wie können Start-ups von einer nachhaltigen Ausrichtung profitieren?  

Adrian: Da gibt es viele Vorteile. Erstens, in späteren Finanzierungsrunden legen die Investoren verstärkt Wert auf ESG-Themen. Es ist ratsam, sich bereits in der frühen Phase dem Thema zu nähern, denn späterphasige Investoren fragen vermehrt nach diesen Daten.  

Zweitens, eine gute Positionierung in Bezug auf ESG macht Start-ups attraktiver für Mitarbeitende, was wiederum dazu beiträgt, talentierte Fachkräfte anzuziehen. 

Drittens, eine effektive ESG-Strategie kann das Umsatzwachstum fördern, da Unternehmen, die in diesem Bereich gut aufgestellt sind, sowohl für B2B- als auch für B2C-Kunden attraktiver werden. Das ist beispielsweise dann hilfreich, wenn man indirekt Zulieferer eines Automobilkonzerns ist, der auf CO2-neutrale Fertigung umgestellt hat. 

Viertens, durch ein effizientes ESG-Management lassen sich Kosten reduzieren, wobei Einsparungen von bis zu 10 Prozent möglich sind. Besonders in Branchen mit hohem Energie- und Wasserverbrauch ist das Potenzial von ESG enorm. 

Fünftens, in manchen Branchen, wie zum Beispiel der Luftfahrt, hängt ein erheblicher Teil des Umsatzes und Gewinns von regulatorischen Eingriffen ab. Eine solide ESG-Strategie kann dem entgegenwirken. 

Wie kann der HTGF die Start-ups dabei unterstützen? 

Claudia: Wir haben für unsere Portfoliounternehmen ein speziell zugeschnittenes Angebot entwickelt, das eine breite Palette abdeckt. Dazu gehören Onboarding Calls sowie intensive Deep Dives, in denen unsere Start-ups an ihrer individuellen ESG-Journey arbeiten können. Zusätzlich bieten wir verschiedene Formate im Rahmen der HTGF Academy an, die sich mit Themen wie Carbon Footprint Measurement, Diversity, Legal und mehr befassen.  

Unterstützung erfolgt auch durch unser Netzwerk. Wir sehen viel, wir hören viel, wir tauschen uns viel mit anderen Investor:innen aus. All dieses Feedback fließt dann natürlich auch in unsere Arbeit ein und wir geben es wiederum an unser Portfolio weiter. Wir wollen, dass unsere Unternehmen möglichst gut aufgestellt sind, um für Anschlussinvestor:innen attraktiv zu sein. 

Werfen wir einen Blick auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs), zu denen der HTGF und sein Portfolio einen Beitrag leisten kann. 

Claudia: Wie eingangs erwähnt, sind wir kein ausschließlich auf Impact ausgerichteter Fonds. Doch gibt es SDGs, zu denen wir nachweislich einen positiven Beitrag leisten. Auch hier haben wir uns gefragt: Was erreichen wir als HTGF mit unseren Investments und was erreichen unsere Portfoliounternehmen? Und da stehen sieben der 17 SDGs im Vordergrund. 

Ganz besonders SDG 9, das sich auf die Verbesserung von Industrie, Innovation und Infrastruktur konzentriert. Darüber hinaus leisten viele Start-ups einen Beitrag zu SDG 3, das auf Gesundheit und Wohlergehen abzielt. Auch SDG 8, das sich mit der Verbesserung der Arbeitsbedingungen befasst, steht weit oben auf der Liste. 

Climate Tech ist derzeit in aller Munde. Welche Rolle spielt das Thema im Portfolio des HTGF? 

Adrian: Der HTGF ist praktisch seit den Anfängen in 2005 im Bereich Climate Tech aktiv. Über alle vier Fondsgenerationen hinweg haben wir über sechzig Millionen Euro in rund sechzig verschiedene Start-ups aus dem Nachhaltigkeitsbereich investiert. Und in Folgefinanzierungsrunden sind durch externe Investoren über 770 Millionen Euro in diese Start-ups geflossen. Damit gehören wir im Pre-Seed- und Seed-Bereich zu den führenden Climate Tech Investoren in Deutschland, vielleicht sogar darüber hinaus. Im Vergleich zu den neuen Climate Tech Fonds brauchen wir uns nicht zu verstecken. Wir haben bereits substanzielle Investitionen in Start-ups getätigt und erfolgreiche Exits realisiert. 

Könnt ihr uns abschließend einen Ausblick geben? Wo wollt ihr hin? 

Claudia: Ganz oben steht, dass wir unsere ESG-Strategie weiter konsequent umsetzen. Wir unterstützen unser Portfolio dabei, sich optimal auf Nachhaltigkeit auszurichten. Auch unser HTGF-Team werden wir weiter enablen und unsere operativen Prozesse unter ESG-Gesichtspunkten optimieren. Zudem wollen wir das Thema Nachhaltigkeit im Start-up Ökosystem weiter vorantreiben, durch intensives Networking nach außen sowie gezielte Trainingsmaßnahmen, intern im HTGF und auf Portfolioebene. 

Adrian: Für den HTGF IV haben wir uns für 2024 das Ziel gesetzt, dass 80 Prozent unserer Start-ups über ihren Carbon Footprint berichten. Wir sind uns bewusst, dass ein Bericht allein nicht automatisch zu nachhaltigerem Handeln führt, sind aber davon überzeugt, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema ESG, selbst in einer frühen Phase, einen positiven Effekt auf die Unternehmen und die Wirtschaft haben. Wir legen bei den Zielen einen Schwerpunkt auf Umweltaspekte, da dies von den meisten Folgeinvestoren gefordert wird. Im Bereich Social streben wir an, dass 20 Prozent der jungen Portfoliounternehmen aus der vierten Fondsgeneration eine Policy zur Korruptionsprävention entwickeln. Wir setzen dabei bewusst auf eine freiwillige Selbstverpflichtung und nicht auf Vertragsklauseln.  

Claudia: Wir sind der festen Überzeugung, dass Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit von Anfang an mitdenken, nicht nur in Zukunft bessere Erfolgschancen haben, sondern es auch später leichter haben, weil sie bestehende Prozesse nicht neu aufrollen oder umstrukturieren müssen. Und unser Ziel im ESG-Team ist es, unsere Ventures hier bestmöglich zu unterstützen, um Innovationen nachhaltig zu gestalten. 

Vielen Dank für das Gespräch!

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