700. Invest des HTGF: Wie oculai die Baubranche revolutioniert

Es ist das 700. Invest des High-Tech Gründerfonds: Oculai ist ein Start-up, das durch seine innovative KI-Technologie die Baubranche revolutioniert. Vier der fünf größten Bauunternehmen in Deutschland arbeiten bereits mit dem Construction-Tech Start-up zusammen. Wir sprechen mit oculai-Gründer Constantin Kauffmann und Dominik Lohle, Senior Investmentmanager beim HTGF.


Constantin, herzlichen Glückwunsch zu eurer gelungenen Finanzierung. Was macht oculai?

Constantin Kauffmann: Mit unserer Technologie lassen sich der Fortschritt und die Arbeitsprozesse auf Baustellen voll automatisiert erfassen. Wir filmen die Baustelle, unsere KI und Computer-Vision-Modelle werten die Daten aus. So ermöglichen wir eine lückenlose und präzise Dokumentation des Bauablaufs.

Constantin Kauffmann, CEO & Co-Founder | Quelle: oculai

Für was können diese Informationen genutzt werden?

Constantin Kauffmann: ­­Auf Baustellen gibt es nicht den Informationsrückfluss, wie bei Produktionssystemen anderer Industrien. Die Dokumentation des Bauablaufs ist aufgrund der vielen Störeinflüsse sehr wichtig, aber gleichzeitig extrem aufwändig. Das lösen wir zum Beispiel mit einem automatisierten Soll-Ist-Terminplan, oder dem selbstschreibenden Bautagesbericht. Außerdem können Bauunternehmen erstmals ihre Kernprozesse auf Baustellen erfassen und verbessern.

Was heißt das genau?

Constantin Kauffmann: Wir können zum Beispiel analysieren, wie viele Arbeitsstunden benötigt werden, um eine Tonne Stahl in einem Bauteil zu verarbeiten. Mit dieser Information, dem sogenannten Aufwandswert, können Baufirmen kalkulieren und Abläufe optimieren. Wir stellen ihnen diese Daten auf unserer eigenen Plattform zur Verfügung. Sie können dann ihre Benchmarks und den Aufwand genauer berechnen.

Dominik, was hat dich an oculai überzeugt? Neben der Technologie gehört dazu vermutlich, dass oculai bereits Kunden gewinnen konnte?

Dominik Lohle: Das war sehr wichtig. Ich finde es bemerkenswert, dass oculai bereits in dieser frühen Phase Kunden wie Zech oder Köster gewinnen konnte. Und auch in den Gesprächen und Umfeldanalysen wurde uns immer wieder gesagt, dass die Technologie das Potenzial hat, ein Gamechanger für die Branche zu sein. Das Feedback aus der Praxis war sehr positiv.

Dominik Lohle, Senior Investment Manager

Nämlich?

Dominik Lohle: Viele Bauleiter:innen können mit Hilfe der oculai-Technik vom Büro aus sehen, wenn auf der Baustelle etwas nicht ganz rund läuft. Ich kenne die Geschichte einer jungen Bauleiterin, die mit Hilfe von oculai ein großes Bauprojekt allein bewältigen konnte. Ein Projekt, für das es normalerweise ein Team aus zwei bis drei erfahrenen Bauleiter:innen gebraucht hätte.

Wie steht es denn generell um die Digitalisierung der Baubranche?

Constantin Kauffmann: Sie hat in Sachen Digitalisierung mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Schließlich ist es eine sehr händische Arbeit, eine große Anstrengung mit immer wieder wechselnden Aufgaben und Challenges. Viele Tools im Projektmanagement funktionieren in einem Büro sehr gut, aber nicht auf eine Baustelle in einer rauen Umgebung. Deswegen laufen 80 Prozent der Poliere – also die, die den Baufortschritt überwachen – immer noch mit Stift und Zettel durch den Rohbau. Das können wir ändern.

Dominik Lohle: Wir erleben gerade einen Umbruch in der Baubranche: Der Markt ist verunsichert, die Boomphase der letzten Jahre scheint vorbei und die Stimmung eher gedämpft. Was in dieser Situation für viele Unternehmen zählt, sind Effizienz und Effektivität. Und genau das kann oculai mit seiner Technologie liefern.

Constantin, wie genau funktioniert eure Technologie?

Constantin Kauffmann: Wir lassen Kameras und kleine Mobilfunkmodule vor Ort oben an den Kränen anbringen. So erhalten wir von der gesamten Baustelle Videostreams aus der Vogelperspektive. Diese Bilder werden dann direkt in unsere Cloud gesendet. In der Cloud applizieren wir verschiedene Computervision-Modelle und sind so in der Lage zu erkennen, welche Arbeit an welcher Stelle der Baustelle aktuell durchgeführt werden.

Wie detailliert sind die Angaben?

Constantin Kauffmann: Wir können bestimmen, in welchem Bauabschnitt und auf welchem Stockwerk Arbeiten durchgeführt werden. Dabei können wir aktuell zwischen 36 verschiedenen Prozessen unterscheiden, wie zum Beispiel Betonage einer Decke. Die Auflösung der Bilder genügt für die KI, lässt aber keine Rückschlüsse auf die Arbeitenden zu, sodass wir keine direkten personenbezogenen Daten erfassen. Wir lassen im Anschluss auch externe Daten wie das Wetter oder Mengeninformationen in die Analyse mit einfließen. So erhalten wir ein komplettes Bild und können die Informationen den Bauunternehmen für ihr Monitoring zur Verfügung stellen.

Dominik, du bist selbst sehr aktiv im Bereich KI und Computervision. Was sind Herausforderungen, die jungen Unternehmen in diesem Bereich begegnen?

Dominik Lohle: Die Herausforderungen für Unternehmen in diesem Bereich sind häufig sehr ähnlich: Gerade am Anfang hat man nur wenige Daten, um die Technologie zu trainieren. Das sind die Momente, in denen Computervision auch zur Handarbeit werden kann. Wenn man, wie im Fall von oculai, Baustellenbereiche und Objekte auf Bildern noch selbst markieren, verschlagworten und Vorgänge manuell erfassen musste. Auch das hat das junge Unternehmen gut gemeistert und konnte schnell Erfolge und Fortschritte feiern.

Und was sind die nächsten Fortschritte, die ihr plant, Constantin?

Constantin Kauffmann: Wir haben durch die Finanzierungsrunde nicht nur Kapital erhalten, sondern aktiv nach loyalen Partnern und einem guten Netzwerk gesucht. Das haben wir gefunden. Nun möchten wir diese neuen Kräfte nutzen und uns vor allem voll auf die Weiterentwicklung des Produkts und des Unternehmens konzentrieren. Und die Lösung weiter am Markt verteilen. Viel Arbeit liegt hinter uns. Viel Arbeit liegt vor uns, aber ich freue mich darauf.

Danke für eure Zeit, Constantin und Dominik!

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