Kategorie: Story

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  • Sebastian Borek im Interview

    Sebastian Borek im Interview

    Sebastian Borek im Interview: Gründergeist, KI und ein Zukunftsbild für Europa 

    Seit Mitte Oktober ist Sebastian Borek Teil der HTGF-Geschäftsführung und verantwortet den Investmentbereich Digital Tech. Gemeinsam mit Romy Schnelle und Dr. Achim Plum bildet er das neue Führungstrio. Im Gespräch erklärt Sebastian, warum Deutschlands Zukunftsfähigkeit ihn antreibt, welche Rolle der HTGF für den VC-Markt und den Innovationsstandort spielt und wie KI neue Geschäftsmodelle ermöglicht und die Venture-Welt verändert. 

    Sebastian, du bist seit dem 13. Oktober Teil der Geschäftsführung beim HTGF – und das, obwohl du gar nicht auf der Suche warst. Was hat dich gereizt, hier einzusteigen? 

    Sebastian: Mich fasziniert es, Technologien ganz früh zu entdecken und wirklich am Puls der Zeit zu sein. Diese Welt verändert sich in absurd hohem Tempo und ich liebe es, dort aktiv mitzuwirken. Gleichzeitig treibt mich der übergeordnete Auftrag an: Die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und Europas gemeinsam mit Industrie und Politik zu gestalten. Der HTGF ist dafür ideal positioniert. Mit unserem Public-Private-Setup haben die Ressourcen und die richtige Expertise, um wirklich sehr breit aufgestellt zu sein. Unser Team ist nah an der Forschung und europaweit dort vernetzt, wo innovative Technologien entstehen. So können wir Zukunftstechnologien nicht nur identifizieren, sondern in die Anwendung bringen und echten Wert schaffen. Wir verstehen uns als Think Tank für Industrie, Mittelstand und den Wirtschaftsstandort insgesamt. 

    Du bildest gemeinsam mit Romy Schnelle und Achim Plum das neue Führungstrio. Was macht diese Konstellation für dich aus? 

    Sebastian: Für mich war das Teamgefüge einer der entscheidenden Punkte. Ich habe Romy und Achim früh im Prozess kennengelernt und sofort gespürt: Das passt. Wir ergänzen uns perfekt – unterschiedliche Erfahrungen, aber ein gemeinsames Verständnis und eine richtig gute Stimmung miteinander. Wir verantworten drei Bereiche mit unterschiedlichen Ökosystemen. Diese Expertise aufzuteilen und gleichzeitig in der Geschäftsführung zu einer ganzheitlichen Strategie zusammenzuführen, ergibt für mich absolut Sinn. Wir denken gemeinsam und handeln in den Investmentbereichen marktgerecht.  

    Sebastian Borek, Geschäftsführer vom HTGF (Foto: Patrycia Lukas)

    Wie hast du den HTGF bisher erlebt? 

    Sebastian: Ich erlebe den HTGF menschlich wirklich top: ein engagiertes Team mit hoher Leistungsbereitschaft, Verantwortungsgefühl und einer beeindruckenden Kompetenzbreite. Der HTGF ist groß und komplex und umso positiver überrascht bin ich, wie viel Substanz hier schon vorhanden ist und wie gut alles organisiert ist. 

    Ich führe aktuell viele Gespräche, oft reicht die Zeit gar nicht. Gerade die informellen Begegnungen in der Kaffeeküche oder beim Lunch geben mir ein gutes Gefühl. Bald möchte ich auch unser Berliner und Münchner Büro noch intensiver kennenlernen. Insgesamt bleibt bei mir ein ausgesprochen positiver Eindruck. 

    Du hast selbst Unternehmen aufgebaut und Ökosysteme geschaffen – von der Founders Foundation bis Hinterland. Wie bringst du dieses Gründerdenken jetzt in den HTGF ein?  

    Sebastian: Ich habe in den vergangenen Jahren viel darüber gelernt, wie man Unternehmen aufbaut und Ökosysteme schafft. Diese Erfahrungen möchte ich einbringen – dort, wo sie dem HTGF helfen. Gleichzeitig gibt es hier bereits viele Stärken, an die ich anknüpfen möchte. Mein Anspruch ist Best of Both Worlds. 

    Aus der Hinterland weiß ich, wie man Brücken baut: zu Mittelstand und Industrie, zu Gründerinnen und Gründern, zu Investoren und Politik. Diese Kompetenzen haben wir im HTGF, jetzt geht es darum, sie noch gezielter auszurichten. Bevor ich aber Konzepte von außen übertrage, will ich den HTGF wirklich verstehen. Welche verborgenen Potenziale stecken in der Organisation? Wie können wir sie gemeinsam heben? Dieser Zeitpunkt ist ideal, um das neu zu definieren – und genau daran arbeite ich gerade. 

    Wie siehst du die Rolle des HTGF im VC-Markt und für den Wirtschaftsstandort? 

    Sebastian: Der HTGF war vor 20 Jahren Motor der deutschen VC-Szene. Wir haben die Frühphase mit aufgebaut und diesen Auftrag sehr erfolgreich wahrgenommen. Heute geht es darum, wieder Vorbild zu sein. Unsere Public-Private-Struktur gibt uns die Möglichkeit, neue Wege zu gehen und genau das ist unser Auftrag. Wir müssen identifizieren, wo Märkte nicht effizient funktionieren, wo relevante Bedürfnisse entstehen, die andere VCs nicht adressieren. Dort können wir Impulse setzen. 

    Die Wirtschaft befindet sich in einer tiefen Transformation. Künstliche Intelligenz verändert weit mehr als Prozesse und hat starke gesellschaftliche Implikationen. Deshalb müssen wir uns fragen: Wie stellen wir uns für die Zukunft auf und welche Schwerpunkte setzen wir? 

    Das ist eine spannende Phase: Die nächsten 20 Jahre neue Impulse zu setzen, Ökosysteme aufzubauen, Talente in die Gründung zu bringen, Startups mit der Industrie zu vernetzen und so Innovationskraft für den Standort zu schaffen. Diese Mission gilt weiterhin, muss aber neu gedacht und marktgerecht angewendet werden. 

    Genau das ist Teil unseres strategischen Prozesses: klare Investmenthypothesen entwickeln, die nicht nur aktuelle, sondern zukünftige Marktbedürfnisse adressieren. Wir sind über 100 Köpfe mit unterschiedlichen Kompetenzen und Perspektiven. Diese Vielfalt nutzen wir, um eine starke Strategie zu formulieren. Mein Anspruch ist klar: Wir müssen Vorreiter sein und wir können es. 

    Welche Rolle spielt die enge Anbindung des HTGF an Industriepartner und den Mittelstand? 

    Sebastian: Unsere enge Anbindung an Industrie und Mittelstand ist einer unserer großen Wettbewerbsvorteile. Wir ermöglichen Startups den Zugang zu etablierten Unternehmen und helfen gleichzeitig der Industrie, früh Innovation zu erkennen und nutzbar zu machen. Die Industrie sucht Lösungen, Startups bringen die Agilität und den Mut, neue Geschäftsmodelle auszuprobieren. Diese Lücke schließen wir, wie eine Art verlängerter R&D-Prozess für die Wirtschaft. 

    KI wächst rasant und fordert Gründer wie VCs heraus. Die zentrale Frage lautet: Auf welche Technologie setze ich? Märkte verändern sich schnell, deshalb müssen Produkte, Geschäftsmodelle und auch wir als Investoren heute viel anpassungsfähiger und agiler sein. 

    Gerade für die Industrie und Familienunternehmen ist das eine enorme Herausforderung. Sie tragen Verantwortung für ihre Regionen und Arbeitsplätze und stehen unter großem Druck. Hier können wir helfen: Wir sind der Partner, der die richtigen Investments identifiziert und Innovation als Wettbewerbsvorteil nutzbar macht. Unsere Rolle ist es, Brücken zwischen Startups und Industrie zu bauen. Und diese Brücke wird durch KI und Transformation noch wichtiger. 

    Du verantwortest künftig den Investmentbereich Digital Tech. Welche Entwicklungen werden die nächsten Jahre prägen? Wie bereitet ihr euch darauf vor? 

    Sebastian: KI wird in den nächsten Jahren ein ganzes Spektrum an Geschäftsmodellen verändern. Wir müssen sehr genau hinschauen: Wer wird durch KI disruptiert und wer kann sie nutzen, um schneller zu wachsen? Die Herausforderung: Wir denken häufig linear, doch die technologische Entwicklung ist exponentiell. Gerade im Digital-Tech-Bereich geht alles noch schneller. Das begeistert mich, birgt aber auch Risiken. Wir müssen erkennen, wo echte Substanz liegt: Proprietäre Daten, klare Anwendung, echte unfair advantages. 

    Deshalb bin ich ein großer Freund von hypothesenbasierten Investments: Wir entwickeln Leitthesen, was sich durchsetzt und welche Auswirkungen das auf Branchen hat und wir validieren diese Hypothesen kontinuierlich. Das ist der einzige Weg, klug zu investieren. Gleichzeitig braucht es tiefes Verständnis für Technologie und Märkte. Heute muss man als Investor inhaltlich auf Augenhöhe mit Gründerinnen und Gründern sein. Nur dann kommt man in die richtigen Cap Tables.  

    Du hast kürzlich gesagt, Deutschland müsse ein klares Signal senden, dass es Gründerinnen und Gründer anzieht. Wie könnte dieses Signal konkret aussehen? 

    Sebastian: Diese Frage beschäftigt mich seit über zehn Jahren. Wir sehen, dass die USA aktuell der stärkste Magnet für Gründer ist: größere Runden, höhere Risikobereitschaft, ein Ökosystem, das groß denkt. Das können wir kulturell nicht eins zu eins kopieren, aber wir müssen unsere eigenen Stärken ausspielen. 

    Deutschland und Europa brauchen ein klares Zukunftsbild. Ein Narrativ, das zeigt: Hier entstehen die Arbeitsplätze und Technologien von morgen. Statt nur zu sagen ‚Wir haben den Anschluss verloren‘, müssen wir neue Felder besetzen – Quantum Computing, Fusionstechnologie, humanoide Roboter. 

    Das ist kein Wunschdenken, sondern strategische Notwendigkeit. Wir müssen Hypothesen entwickeln, wo wir in zehn Jahren führend sein wollen, und die Kompetenzen dafür aufbauen. Der HTGF kann hier Impulsgeber sein – nicht nur für Deutschland, sondern für Europa. Wir haben die Möglichkeit, Ökosysteme zu vernetzen und Forschung in die Anwendung zu bringen. 

    Von Lissabon nach Bonn – was nimmst du aus der portugiesischen Startup-Szene mit, das Deutschland guttun würde? 

    Sebastian: In Lissabon lebt man den europäischen Gedanken viel stärker. Das Ökosystem ist international und Portugal hat sich bewusst als Startup-Hub positioniert. Das zieht an und zeigt: Wenn Politik und Akteure ein klares Zielbild haben, entsteht Dynamik. ‚Attract, don’t chase‘ – das ist die Devise. Man muss ein Gefühl dafür entwickeln, was man sein möchte, und konsequent darauf hinarbeiten. 

    Dieses Mindset möchte ich auch beim HTGF einbringen: Wir brauchen Netzwerke, internationale Anschlussfähigkeit und ein Narrativ, das zu unseren Stärken passt. Europa hat enormes Potenzial, wir müssen es nur aktiv heben. 

    Und ganz zum Schluss: Wenn du in drei Jahren zurückblickst, woran möchtest du dich messen lassen? 

    Sebastian: Das Wichtigste ist für mich, dass alle im HTGF Freude daran haben, zur Arbeit zu kommen und zwar nicht nur, weil wir eine gute Kultur und schöne Büros haben. Sondern weil sie wissen: Das, was wir tun, hat echten Wert. Wir entfalten Zukunftsfähigkeit. 

    Wenn wir das nicht nur im HTGF, sondern in unserem gesamten Ökosystem schaffen, bin ich glücklich. Ich möchte eine Zukunftsfreudigkeit entfachen, ein Gefühl, dass es jetzt losgeht und dass es Sinn macht. Wenn nicht wir, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann dann? 

  • Interview mit Julian Wiedenhaus zur Plancraft Series B

    Interview mit Julian Wiedenhaus zur Plancraft Series B

    „Aus komplexer Arbeit wird ein einfacher Zuruf“ – Interview mit Julian Wiedenhaus zur Plancraft Series B

    Inmitten von Fachkräftemangel im Bauwesen und steigenden Anforderungen durch die Klimaziele setzt plancraft auf digitale Lösungen, die Handwerksbetriebe effizienter machen und Prozesse neu denken. Wir haben mit Julian Wiedenhaus, CEO von plancraft gesprochen: über KI im Handwerk, europäische Expansion und Skalierung nach der €38M Series B. 

    Julian Wiedenhaus, Mitgründer von plancraft. Einer App/Software und KI-Agenten für Handwerker. Fotografiert in den Büroräumen von plancraft in Hamburg, Deutschland. (Bild: Maria Feck)

    TL;DR: Plancraft nach der Series B – Die 5 wichtigsten Erkenntnisse 

    • Expansion in 5 Länder (NL, IT, ES, PL, DE) mit eigenen Teams. 
    • Niederlande am experimentierfreudigsten – Handwerker/innen haben in Europa überall gleiche Pain Points: zu viel Büroarbeit, fehlende Übersicht. Die Mentalität bezüglich Innovation und dessen Adaption ist jedoch unterschiedlich.  
    • Kultur braucht Active Leadership – Leading by example, feste Rituale und konstante Investments (Events, Workations) lassen #stoked #together #humble als Kultur skalieren 
    • Digitaler Meister spart Bürozeit – KI-Co-Worker wird Angebote, Rechnungen, Telefonie, Zeiterfassung oder Baustellen Dokumentation für ~20.000 Handwerker übernehmen in Zukunft 
    • Vision 2028: Europäischer Standard – Plancraft als Backbone für Bau & Handwerk, digitaler Meister auf jeder Baustelle, messbarer Klima-Impact durch Effizienzgewinne mit KI und höherer Adaption von Technologie durch Generationswechsel 

    Glückwunsch zur Series B! Welche konkreten Meilensteine hat Plancraft 2025 vor und nach der €38M Series B schon erreicht? 

    Danke! Rückblickend drei glasklare Erfolge: der größte Meilenstein war, dass wir die 20.000 Kunden überschritten haben, denen wir jeden Tag im Handwerk Freiraum schaffen. Zusätzlich haben wir plancraft krass skaliert und reifen lassen, entsprechend war für uns auch ein wichtiger Meilenstein erreicht, als unsere Organisation komplett wurde. Wir haben unser Management-Team voll besetzt – inklusive VP-Layer – und ein starkes Go-to-Market-Team mit vier Head-ofs in Sales, Marketing, Customer Success und Revenue Operations aufgebaut. Das war entscheidend, um Plancraft von einem schnell wachsenden Startup in ein skalierbares Unternehmen zu überführen. 

    Parallel haben wir unsere europäische Expansion gestartet: Inzwischen haben wir eigene Mitarbeiter:innen in den Niederlanden, Italien, Spanien und Polen. Damit haben wir die Basis gelegt, um unsere Handwerker-Software wirklich als europäische Plattform für das Bau- und Handwerkswesen zu etablieren. 

    Ihr setzt stark auf KI. Welche Anwendung wird Handwerker:innen im Alltag als erstes wirklich spürbar helfen? 

    Für Handwerksbetriebe bedeutet jede Minute im Büro verlorene Wertschöpfung. Unser größter Hebel liegt daher im digitalen Meister – einem intelligenten Co-Worker, der Büroarbeit übernimmt, denkt und mitlernt. So wie es bei uns zwei Kern Usergruppen gibt – Backoffice und Baustelle – so sind auch die spürbaren Hilfen unterschiedlich: 

    Im Backoffice übernimmt der digitale Meister Routineaufgaben wie Angebote, Rechnungen, Telefonie oder Dokumentationen und digitale Zeiterfassung. Er denkt mit, strukturiert Projekte automatisch und spart so viele Stunden Verwaltungsaufwand. 

    Für Baustellen-User soll der digitale Meister buchstäblich in der Hosentasche auf Abruf sein: per Sprachbefehl können Handwerker Berichte zum Arbeitstag erstellen lassen oder Informationen aus ihren Projekten abrufen – etwa: „Welches Material ist im Leistungsverzeichnis für die Dampfsperre auf dem Dach hinterlegt?“ 

    So wird aus komplexer Büroarbeit ein einfacher Zuruf – und das ist echte Entlastung im Alltag. Besonders spannend: Im Handwerk sind die besten Fachkräfte häufig zugleich Geschäftsführer:innen oder Meister:innen, die ohnehin zu viel Verantwortung tragen. Wenn wir ihnen Stunden an Overhead abnehmen, gewinnen sie wertvolle Zeit für Baustelle, Team und Kund:innen. 

    Ihr seid inzwischen also in Ländern wie den Niederlanden, Italien oder Österreich aktiv. Wie unterscheiden sich bei den Handwerksbetrieben in Europa die Haltung gegenüber Digitalisierung und KI? 

    Ja, vor allem in der Offenheit für neue Technologien. In den Niederlanden sehen wir die größte Experimentierfreude – dort wird schnell ausprobiert und skaliert, wenn etwas funktioniert. In Deutschland ist der Anspruch an Genauigkeit und Datenqualität höher, was die Einführung oft gründlicher, aber auch etwas langsamer macht. 

    Trotz dieser Unterschiede gilt überall dasselbe: Allen ist klar, dass sie digitale Lösungen brauchen. Die Probleme ähneln sich stark – zu viel Zeit fürs Büro, komplexe Planung und Organisation von Teams und Baustellen, und fehlende Übersicht im Alltag. Und alle wollen dasselbe: einfache, schnell lernbare Handwerker Software, die Arbeit wirklich abnimmt. 

    Wenn du direkt mit Handwerker:innen auf der Baustelle sprichst: Welche konkreten Insights gewinnst du daraus? 

    Vor allem, wie unterschiedlich die Herausforderungen wirklich sind – je nach Gewerk, Betriebsgröße oder technischer Offenheit. Ich höre genau hin, wo noch Zeit verloren geht, trotz digitaler Unterstützung. Diese Gespräche sind für uns Gold wert, weil sie zeigen, ob unsere Ideen wirklich im Alltag funktionieren. 

    Ich nehme aber auch viel darüber mit, wie Betriebe ihre Mitarbeiter:innen einbeziehen, welche Medien sie konsumieren oder welchen Influencern sie folgen. Das hilft uns zu verstehen, wem sie heute vertrauen – und wie wir sie in ihrer Realität am besten erreichen. 

    Am Ende wollen Handwerker:innen keine neuen Tools um der Tools willen, sondern Ruhe im Kopf – und Bau-Software, die spürbar Zeit schenkt. 

    Euer Team ist in kurzer Zeit massiv gewachsen. Wie hat Plancraft sein Team von 40 auf über 100 Mitarbeiter innerhalb eines Jahres skaliert? Welche konkreten Mechanismen nutzt ihr, um eure Unternehmenskultur zu bewahren? 

    Kultur passiert nicht von allein – sie muss aktiv gelebt und bewusst gepflegt werden. Das war eine der größten Erkenntnisse in der letzten Wachstumsphase. Auch wenn Kultur oft vage klingt, machen wir sie explizit: durch klare Werte, feste Rituale und ständige Bezugnahme auf unsere Strategie und Ziele. 

    Das Wichtigste bleibt: Leading by example. Kultur steht und fällt mit dem Verhalten des Leadership-Teams – aber sie lebt nur, wenn jede Person Verantwortung dafür übernimmt. 

    Wir investieren konstant in Kultur – mit Team-Events, Workations und Workshops, die Raum für Verbindung und Austausch schaffen. Denn je größer wir werden, desto wichtiger ist es, Nähe, Vertrauen und unsere gemeinsame Energie bewusst zu erhalten. 

    Welche Rolle wollt ihr mit Plancraft beim Erreichen der Klimaziele spielen? Wo seht ihr das Handwerk und Baugewerbe in drei Jahren? 

    Unsere Kund:innen sind der größte Hebel für die Klimawende. Sie bauen, sanieren, modernisieren – und entscheiden damit direkt über Energieeffizienz und Ressourcennutzung. 

    Wenn unsere Handwerker Software Büroarbeit reduziert, Leerfahrten vermeidet und Baufehler minimiert, dann schaffen wir Freiräume für genau diese Arbeit. Jede Stunde, die wir Handwerker:innen zurückgeben, kann in klimawirksames Bauen fließen. 

    In drei Jahren sehen wir Plancraft als europäischen Standard für Bau- und Handwerksbetriebe – und den digitalen Meister als festen Bestandteil jeder Baustelle. Der bereits gestartete Generationswechsel wird dabei sowohl zur Schließung, Konsolidierung, aber auch zur schnelleren Digitalisierung von Handwerksbetrieben führen. Wir sehen das als große Chance.  

    Julian Wiedenhaus, Mitgründer von plancraft. Einer App/Software und KI-Agenten für Handwerker. Fotografiert in den Büroräumen von plancraft in Hamburg, Deutschland. (Bild: Maria Feck)

    Über Julian Wiedenhaus und Plancraft 

    Julian Wiedenhaus ist CEO und Co-Founder von Plancraft, einer AI-first Handwerker Software mit Sitz in Hamburg. Das 2020 gegründete Unternehmen hat im Jahr 2025 eine Series B-Finanzierungsrunde über €38 Millionen abgeschlossen, angeführt von Headline, dem HTGF und Creandum. Plancraft beschäftigt rund 120 Mitarbeiter und betreut etwa 20.000 Handwerksbetriebe in Europa. 

    Plancraft positioniert sich als „European Contractor Operating System“ –KI-first SaaS-Plattform für Handwerksbetriebe. Die Software digitalisiert zentrale Prozesse wie Angebotskalkulation, digitale Zeiterfassung, Baustellendokumentation und Teamkommunikation. Mit dem „digitalen Meister“ setzt Plancraft auf einen KI-Co-Worker, der Büroarbeit automatisiert und Handwerkern mehr Zeit für ihre Kernarbeit verschafft. Das Unternehmen ist in Deutschland, den Niederlanden, Italien, Spanien und Polen mit eigenen Mitarbeitern aktiv und expandiert weiter in Europa. 

  • Interview mit casavi-CEO Peter Schindlmeier

    Interview mit casavi-CEO Peter Schindlmeier

    Mit KI zur smarten Immobilienverwaltung: Interview mit casavi-CEO Peter Schindlmeier zur Übernahme von MANAGBL.AI  

     Mit der Übernahme von MANAGBL.AI setzt casavi einen wichtigen strategischen Schritt in Richtung einer noch intelligenteren und effizienteren Immobilienverwaltung. Im Gespräch erläutert Peter Schindlmeier, CEO und Mitgründer von casavi, wie aus einer erfolgreichen Partnerschaft eine Übernahme wurde – und wie Künstliche Intelligenz künftig die Abläufe in der Branche nachhaltig verändern soll. 

    Er spricht über die Hintergründe der Integration von MANAGBL.AI in die casavi-Plattform, die Vorteile für Kunden und die Vision eines vollautomatisierten Immobilienmanagements in Europa. 

    Peter Schindlmeier, CEO und Mitgründer von casavi (Bild: casavi)

    Die wichtigsten Erkenntnisse aus unserem Gespräch: 

    • Strategische Übernahme: Aus einer erfolgreichen Partnerschaft zwischen casavi und MANAGBL.AI wurde die logische Weiterentwicklung – eine Übernahme, um KI-Kompetenz und Plattformstärke zu vereinen. 
    • Technologische Integration: Die KI von MANAGBL.AI wird schrittweise in die casavi-Plattform eingebunden und automatisiert künftig Kommunikations- und Serviceprozesse über mehrere Kanäle. 
    • Mehrwert für Kunden: Verwaltungen profitieren von direktem KI-Zugang über casavi, inklusive einer integrierten Lite-Version, die sofortige Entlastung im Tagesgeschäft ermöglicht. 
    • Zukunftsvision: casavi sieht Künstliche Intelligenz als Schlüssel zur vollautomatisierten, rund um die Uhr verfügbaren Immobilienverwaltung – und will zur führenden Plattform für digitales Immobilienmanagement in Europa werden. 

    Wie kam es zur Übernahme von MANAGBL.AI? Wie hat sich die Zusammenarbeit entwickelt? 

    Die Partnerschaft mit MANAGBL.AI begann 2023. Uns hat von Anfang an überzeugt, dass wir die gleiche Mission verfolgen: Immobilienverwaltungen durch digitale Lösungen zu entlasten. Gemeinsam konnten wir schnell über 150 Kunden mit KI-gestützter Anrufannahme und automatisierter Vorgangserstellung unterstützen. 

    Im Alltag hat sich gezeigt, wie gut sich die Technologien ergänzen und wie positiv das Kundenfeedback ausfällt. Daraus ist eine enge Zusammenarbeit entstanden, die jetzt im nächsten Schritt in einer Übernahme gemündet hat. 

    Für uns war das die logische Weiterentwicklung: Wir verbinden die KI-Expertise und Geschwindigkeit von MANAGBL.AI mit unserer Plattform- und Markterfahrung, um unseren Kunden künftig noch mehr Mehrwert zu bieten. 

    Was waren für euch die entscheidenden Gründe, MANAGBL.AI zu übernehmen? 

    MANAGBL.AI hat früh gezeigt, dass ihre KI-Lösung echte Entlastung im Alltag von Immobilienverwaltungen schafft. Dazu kam, dass unsere gemeinsame Kundengruppe den Nutzen in großer Anzahl klar bestätigt hat. Für uns war das die ideale Ergänzung: skalierende Technologie, hoher Marktfit und ein Team, das unsere Vision teilt. 

    Wie integriert Ihr die Technologie von MANAGBL.AI konkret in die casavi-Plattform?   

    Die KI-Technologie von MANAGBL.AI wird Schritt für Schritt in die casavi-Plattform eingebunden. Damit können Kunden künftig noch einfacher Anrufe, WhatsApp-Nachrichten oder E-Mails automatisch erfassen und direkt in casavi-Vorgänge überführen. Ziel ist es, dass allmählich fallabschließende Vorschläge unterbreitet werden können – unabhängig vom Kommunikationskanal. 

    Gleichzeitig bleibt MANAGBL.AI auch als eigenständige Lösung verfügbar, sodass bestehende Integrationen und die Produktentwicklung für nicht casavi Kunden nahtlos weiterlaufen. 

     Was sind eure nächsten Schritte? 

    Für unsere Kunden bedeutet die Übernahme vor allem eines: Die KI von MANAGBL.AI wird direkt über casavi verfügbar. Verträge und Service laufen dabei wie gewohnt über casavi, was den Zugang besonders einfach macht. 

    Bestandskunden erhalten zusätzlich eine eingebettete Lite-Version in casavi, um erste KI-Funktionen in der Kundenbetreuung sofort nutzen zu können, mit minimalstem Einrichtungsaufwand. In den nächsten Schritten werden wir tatsächlich weitere Kanäle anbinden. Dazu gehört Whatsapp und Web-Chats. Gleichzeitig legen wir den Fokus aber auch noch stärker auf das automatische Auslösen von Workflows, idealerweise bis hin zur vollautomatischen Klärung von Mieteranliegen. 

    Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz aktuell im Immobilienmanagement – und welches Potenzial seht ihr in den nächsten Jahren? 

    Heute hilft KI vor allem dabei, Anfragen schneller zu erfassen und richtig einzuordnen. Schon jetzt wird so viel Zeit im Tagesgeschäft gespart und der Service verbessert. In den nächsten Jahren sehen wir das größte Potenzial darin, Vorgänge vollständig fallabschließend zu bearbeiten – vom Eingang einer Anfrage bis zur automatisierten Lösung. Damit kann Service nicht nur deutlich effizienter, sondern auch rund um die Uhr verfügbar gemacht werden. Für Verwaltungen entsteht so ein ganz neues Servicelevel, das die Erwartungen von Eigentümern und Mietern nachhaltig übertrifft. 

    Was ist eure Vision für die Zukunft der digitalen Immobilienverwaltung in Europa? 

    Wir sind überzeugt, dass sich Gebäude in Zukunft sehr viel stärker automatisiert betreiben lassen, als dies heute der Fall ist. Von digitaler Mieterbetreuung bis Predictive Maintenance spielt dabei Künstliche Intelligenz eine zentrale Rolle. Dafür benötigt es jedoch eine umfassende Datenbasis, sowie die digitale Erreichbarkeit der verschiedenen Stakeholder, um Prozessabläufe wirklich end-to-end automatisieren zu können. Wir sehen uns deshalb mit casavi in einer hervorragenden Position, um die zentrale Plattform für diese moderne Form des Immobilienmanagements zu werden. 

    Vielen Dank für deine Zeit und das Gespräch! 

  • Interview mit Dr. Ingo Ramesohl

    Interview mit Dr. Ingo Ramesohl

    „Klares Zusammenspiel von Technologie, Marktbedarf und Klimanutzen“ – Interview mit Dr. Ingo Ramesohl, Geschäftsführer von Bosch Ventures

    Rabot Energy entwickelt Lösungen für dynamische Stromtarife und die intelligente Steuerung flexibler Verbraucher. Das ist ein wichtiger Hebel, um die Nachfrage besser mit dem schwankenden Angebot erneuerbarer Energien in Einklang zu bringen. 

    Bosch Ventures, der Corporate-Venture-Capital-Arm unseres Fondsinvestors Bosch, hat sich kürzlich an Rabot Energy beteiligt. Damit verstärkt ein führender Industrieakteur sein Engagement in einem Markt, der für Stabilität im Stromnetz, niedrigere Kosten für Verbraucher und echten Klimanutzen sorgt. 

    Anlässlich des Investments haben wir mit Dr. Ingo Ramesohl, Geschäftsführer von Bosch Ventures, über die Beweggründe für das Investment, die Zusammenarbeit mit Rabot Energy und die Rolle von Technologie und Daten in der Energiewende gesprochen. 

    Dr. Ingo Ramesohl, Geschäftsführer von Bosch Ventures (Foto: Bosch Ventures)

    Wie sind Bosch Ventures auf Rabot Energy aufmerksam geworden? 

    Wir wurden auf Rabot Energy aufmerksam, weil ihr Ansatz genau unser Interesse trifft: dynamische Stromtarife kombiniert mit intelligenter Steuerung flexibler Verbraucher. Ein starkes Konzept mit hohem Zukunftspotenzial. Durch den regelmäßigen Austausch mit dem HTGF (wir vertreten Bosch etwa im HTGF Digital Tech Investmentkomitee) hatten wir bereits sehr früh Kontakt. 

    Wie entwickelte sich die Zusammenarbeit mit Rabot Energy? 

    Sehr gut. Von Beginn an überzeugte uns Rabots ganzheitlicher Ansatz – von der Preisweitergabe bis zur Steuerung per App. Neben dem finanziellen Investment durch Bosch Ventures gibt es parallel erste sichtbare Ergebnisse der Zusammenarbeit zwischen Bosch und Rabot: Der Bosch Geschäftsbereich für Haushaltsgeräte etwa hat eine Funktion veröffentlicht, mit der Geräte automatisch zum günstigsten Zeitpunkt starten. Für unsere Marke Siemens Hausgeräte wurde dies als smartStart zur IFA kommuniziert – inklusive des Verweises auf Rabot Energy

    Was war ausschlaggebend für die Investment-Entscheidung? 

    Ausschlaggebend war das klare Zusammenspiel von Technologie, Marktbedarf und Klimanutzen – und das starke Team hinter Rabot. 

    Welches Potenzial bieten flexible Stromtarife für Elektronik-, Automobil- und Haushaltsgeräte? 

    Studien zeigen, dass bis 2035 etwa 10 % des deutschen Stromverbrauchs durch flexible Steuerung angeglichen werden könnten. Flexible Tarife tragen dazu bei, die Stromnachfrage besser mit dem Angebot abzugleichen, insbesondere wenn viel volatile Erzeugung aus Wind oder Solar im Netz ist. So entsteht Stabilität, Einsparpotenziale und geringere Kosten für Verbraucher. In der Automobilbranche ermöglichen flexible Tarife, Ladezeiten von E‑Autos so zu steuern, dass sie dann Strom beziehen, wenn dieser besonders günstig und klimafreundlich ist. Vehicle-to-Grid (V2G) bietet hier weitergehende Möglichkeiten. Bei Haushaltsgeräten können Nutzer ihre Geräte intelligent so einsetzen, dass sie z. B. dann laufen, wenn die Strompreise niedrig sind oder erneuerbarer Strom ausreichend vorhanden ist – so wie Bosch es auf der IFA mit smartStart demonstriert hat. 

    Wie sehen Sie die Rolle von Technologie und Daten im Energiemarkt? 

    Sie sind ein zentraler Baustein der Energiewende – durch intelligente Steuerung, präzise Prognosen und mehr Effizienz im Verbrauch. 

    Vielen Dank für das Gespräch! 

  • findIQ: Wissensmanagement neu gedacht – im Gespräch mit Sina 

    findIQ: Wissensmanagement neu gedacht – im Gespräch mit Sina 

    findIQ: Wissensmanagement neu gedacht – im Gespräch mit Sina 

    Industrieanlagen werden immer komplexer, während erfahrene Fachkräfte rar werden. Diese Wissenslücke kann im schlimmsten Fall ganze Produktionslinien lahmlegen. Hier setzt findIQ an: Das Start-up hat es sich zur Aufgabe gemacht, das wertvolle Wissen technischer Expertinnen und Experten digital verfügbar zu machen – jederzeit, weltweit und für jede Anlage. Wir haben mit Sina, Mitgründerin und CEO von findIQ, über die Gründungsidee, ihre Learnings und die Pläne für die internationale Expansion gesprochen. 

    Sina Volkmann, Mitgründerin und CEO von findIQ (Bild: findIQ)

    Wie ist die Idee zu findIQ entstanden – und was treibt euch an? 

    Sina: Wir lösen ein tatsächliches Problem: den Fachkräftemangel im technischen Bereich. Als wir gestartet sind, war das Problem ein wenig anders gelagert. Während der COVID-Pandemie konnten viele technische Expertinnen und Experten aus Deutschland nicht reisen, was weltweit zu rund 70 % mehr Stillstandskosten führte. Das hat deutlich gemacht, welche massiven Auswirkungen es hat, wenn erfahrene Mitarbeitende nicht vor Ort sein können, um Fehler zu finden und Probleme mit Maschinen zu lösen. 

    Diese Erkenntnis war unsere Gründungsmotivation. Wir wollten das Problem – zunächst in der Pandemiekrise – gezielt angehen und haben systematisch untersucht, wie eine nachhaltige Lösung aussehen könnte. Unser Ansatz war von Anfang an pragmatisch und bodenständig: Das Problem verstehen, die richtige Lösung finden und dabei langfristig denken. 

    Hat sich seitdem etwas verändert? 

    Sina: Heute stehen wir vor derselben Herausforderung: Zu wenig technische Fachkräfte für immer komplexer werdende Anlagen. Hinzu kommen Trends wie der demografische Wandel, der Fachkräftemangel und eine steigende Fluktuation in technischen Berufen. Unsere Lösung digitalisiert das Monopolwissen einzelner Expertinnen und Experten und macht es jederzeit und überall verfügbar. So können auch die nächsten Generationen Maschinen am Laufen halten, unabhängig davon, ob die Expertise vor Ort ist. 

    Ihr habt das Wissensmanagement im Maschinenservice neu gedacht. Was unterscheidet eure Lösung? 

    Sina: findIQ ist eine KI-basierte Wissensmanagementplattform für technische Anlagen, aber wir gehen das Thema grundlegend anders an. Ein entscheidender Punkt ist unsere Definition von Wissen: Für uns ist das nicht nur eine Sammlung von Daten und Dokumenten, sondern vor allem Erfahrung – also das, was oft in den Köpfen der erfahrenen Technikerinnen und Techniker steckt und nicht einfach in Handbüchern steht. 

    Viele KI-Modelle, wie etwa große Sprachmodelle, arbeiten rein datengetrieben. Sie können auf riesige Mengen expliziter Informationen zugreifen, aber ihnen fehlt oft das tiefe, implizite Wissen, welches in der Praxis über Jahrzehnte aufgebaut wurde. Dieses „Kopfwissen“ ist entscheidend, um Daten und Dokumente in den richtigen Kontext zu setzen – gerade, wenn es um komplexe Maschinen geht, die täglich im Betrieb sind. Wir haben von Anfang an Methoden entwickelt, um genau dieses Wissen zu digitalisieren und zu sichern. Das ist unser erster, zentraler USP. 

    Ein zweiter, wichtiger Unterschied liegt im eigentlichen Management des Wissens. Viele klassische Systeme sind einfache Ablagesysteme. Sie speichern einmal erfasste Informationen, bleiben dann aber starr und veralten schnell. Das reicht in der modernen Industrie nicht aus, wo sich Maschinen und Produktionsprozesse ständig verändern. Unser Ansatz ist dynamisch: Wir denken Wissen als Kreislauf, der sich kontinuierlich aktualisiert. Wir arbeiten auch nicht auf Basis von Sprachmodellen, sondern bilden die logischen Denkmuster von Expert:innen ab. 

    Wie macht ihr das möglich? 

    Sina: Wir  integrieren Feedback direkt in unser System – von den Maschinenbediener:innen, Technikern und Service-Teams. So bleiben die Daten nicht nur aktuell, sondern auch relevant für die tägliche Nutzung. Dabei arbeiten wir unabhängig von Maschinendaten, was uns eine enorme Flexibilität gibt. Wir können global und branchenübergreifend arbeiten, ohne aufwändige Integrationen oder spezialisierte Hardwareanpassungen. 

    Am Ende schaffen wir damit ein System, das nicht nur bestehendes Wissen speichert, sondern es lebendig hält – ein echter Wettbewerbsvorteil in einer Industrie, in der Erfahrung und Effizienz über Erfolg und Stillstand entscheiden. 

    Was waren eure wichtigsten Learnings in der Anfangsphase? 

    Sina: Ein zentrales Learning war, dass unser Bauchgefühl oft der beste Kompass ist – trotz aller Ratschläge von außen. Man startet mit einer klaren Motivation und sollte sich immer wieder darauf berufen, besonders wenn viele Stakeholder ins Spiel kommen. 

    Unsere Kunden waren immer die wichtigste Quelle für Feedback. Wir haben uns darauf konzentriert, von dem mehr zu machen, was funktioniert, und uns von dem zu trennen, was nicht klappt – auch wenn es unkonventionell war. 

    Ein weiteres Learning: Erfolg bedeutet nicht, jeden Schritt perfekt zu machen, sondern kontinuierlich Fortschritte zu erzielen. Manchmal reicht der nächste Schritt in die richtige Richtung, anstatt direkt 100 % zu erreichen. 

    Nach eurer jüngsten Finanzierungsrunde: Welche nächsten Schritte stehen jetzt auf der Agenda? 

    Sina: Internationalisierung ist für uns ein logischer Schritt. Unsere Kunden – insbesondere Maschinenbauer aus Deutschland – exportieren ihre Produkte weltweit. Dementsprechend müssen auch wir global denken. 

    Der nächste Zielmarkt sind die USA, wo Fachkräftemangel als „Skill shortage“ oder „Labor shortage“ institutionellen Umgang findet. Die demografische Entwicklung dort ist ähnlich wie in Deutschland, nur in größerem Maßstab. Mit unserer Finanzierungsrunde wollen wir diesen Markt systematisch erschließen – mit Partnern und eigenem Personal vor Ort. 

    Wir haben uns bewusst für die USA entschieden, weil dort die Nachfrage vorhanden ist und die kulturellen Unterschiede überschaubar sind. Wichtig war uns auch, schon erste bereits bestehende Kundenbeziehungen aufbauen zu können und durch frühe Umsätze eine Grundlage zu schaffen. 

    Was würdest du Gründerinnen und Gründern mitgeben, die gerade erst starten? 

    Sina: Sei dir bewusst: Gründen ist eine lebensfüllende Aufgabe! Man muss lernen, mit Widerständen umzugehen und sich von der Vorstellung lösen, dass alles einfach und glatt läuft. Kundenfeedback ist Gold wert, denn es zeigt, was tatsächlich funktioniert. Jeder Schritt in die richtige Richtung zählt. Es muss nicht alles perfekt sein. 

    Vielen Dank für deine Zeit und die Einblicke! 

  • Schule digital denken: Wie paddy Lehrkräfte entlasten will 

    Schule digital denken: Wie paddy Lehrkräfte entlasten will 

    Schule digital denken: Wie paddy Lehrkräfte entlasten will

    Die Gründer von paddy kennen die Herausforderungen des Schulalltags aus eigener Erfahrung. Aus der Perspektive ehemaliger Schüler und mit tiefem Einblick in die Belastungen von Lehrkräften haben Matty Frommann, Lukas Portmann und Tobias Schröder eine KI-Plattform entwickelt, die Lehrkräften Zeit spart und individuellere Förderung ermöglicht. Wir haben mit Matty und Felix Assion, Investment Manager beim HTGF, gesprochen – über die Anfänge von paddy, das Marktpotenzial von EdTech und eine Vision für die Schule der Zukunft. 

    Matty Frommann, CEO und Co-Founder von paddy, und Felix Assion, Investment Manager beim HTGF 

    Matty, wie seid ihr auf die Idee gekommen, paddy zu gründen? Gab es konkrete Momente in eurer Schulzeit, die euch gezeigt haben: „Hier läuft etwas falsch, das ändern wir“? 

    Matty Frommann: Wir haben tatsächlich schon als Schüler gestartet, eine Fortbildung für Lehrkräfte zu geben. Wir kommen aus Lehrerhaushalten, zumindest die allermeisten. Bei meinen Mitgründern sind es direkt die Eltern und bei mir im familiären Umfeld. Dadurch haben wir immer schon die Überforderung mit den digitalen Medien, aber auch Themen wie Arbeitsbelastung und Lehrkräftemangel mitbekommen, vor allem währen der Corona- Zeit. 

    Viele Lehrkräfte hassen das Thema Digitalisierung inzwischen regelrecht, weil sie sagen: Es ist ein Add-on, das hilft mir nicht weiter. Die vorhandene Software löst nicht das tatsächliche Problem – und das war quasi die Gründungsidee von paddy. Die Pandemie war ein Beschleuniger.  Genau da sind wir dann reingegangen. 

    Wie habt ihr euch kennengelernt? Was war dein erster Eindruck, Felix, als du Matty, Lukas und Tobias kennengelernt hast? 

    Felix Assion: Matty war schon länger im Kontakt mit dem HTGF.  Mein erstes Gespräch mit Matty war dann Anfang März und kurz danach gab es auch die erste gemeinsame Pitch-Runde. Mein erster Eindruck war vor allem, dass Matty enorm professionell ist, schon sehr viel Domain Expertise im EdTech-Bereich mitbringt und auch ein gesundes Selbstbewusstsein in dem ganzen Prozess gezeigt hat. Wenig später habe ich das Team dann in Bielefeld besucht und gemerkt, mit was für einer Energie die Jungs dabei sind und wie viel Struktur sie auch schon aufgebaut haben, vor allem bei Themen wie Vertrieb und Go-to-Market. Für mich war dieser Besuch ein Gamechanger Moment und mir war klar, dass ich diesen Deal auf jeden Fall ermöglichen und umsetzen will. Danach hat das gemeinsame Arbeiten noch einmal ein ganz anderes Tempo aufgenommen. 

    Matty, war es eine Herausforderung, Vertrauen aufzubauen – besonders als junge Gründer? Gab es Reaktionen von Lehrkräften nach dem Motto: „Was wollen die denn uns beibringen?“  

    Matty Frommann: Zunächst hatten wir eine gesunde Naivität, die uns ins Machen gebracht hat. Das war schön für den Start und auch danach haben wir tatsächlich eher davon profitiert, dass wir so jung waren. Uns wurde immer geglaubt, dass wir den Schmerzpunkt als Schüler selbst erlebt haben, dass wir nicht weit weg sind und dass wir beide Zielgruppen – Lehrer und Schüler – immer mehr miteinander verbinden können. Das war eher der Door-Opener. 

    Wie siehst du das Marktpotenzial von paddy, Felix?  

    Felix Assion: Das ist kein einfaches Thema. EdTech oder Education, gerade wenn es eine B2G-Komponente hat, ist ein schwieriges Feld – insbesondere aus VC-Perspektive. Der große Hype der Coronajahre ist vorbei. Statistisch sieht man seit 2022 Year over Year einen starken Rückgang der Investments oder des Investmentvolumens in diesem Bereich. Wenn man sich aber den Bildungsmarkt mal anschaut, ist dieser ähnlich groß wie Insurance, Health oder auch Mobility. Historisch gesehen ist der Markt zudem ziemlich kapitaleffizient. Das Verhältnis zwischen Bewertung und dem benötigten Kapital ist im Education-Bereich sehr positiv. Ich glaube, dass paddy ein enorm gutes Timing hat. Lehrkräfte haben erste Erfahrungen mit KI-Tools gesammelt und merken: Die perfekte dedizierte Lösung für uns gibt es noch nicht. Gleichzeitig steigt der Druck bei dieser Berufsgruppe enorm, wie aktuelle Studien – etwa von der Bitkom1 – zeigen. Matty kennt sich da besser aus, aber wir haben erst seit den Corona-Jahren die Situation, dass auch die Hardwareausstattung quasi optimal für solche Business Cases ist. Das heißt, eigentlich kommt gerade alles perfekt zusammen. Ich persönlich blicke daher sehr bullish auf die nächsten Jahre mit paddy. 

    Matty Frommann: Historisch betrachtet haben zwei Arten von EdTech-Cases immer gut funktioniert: Entweder man geht sehr nischig rein – zum Beispiel mit einer Weiterbildungsplattform für Zahnärzte – oder man deckt eine große Bandbreite ab, etwa mit einem Cloud-System für Schulen, von dem alle profitieren können. 

    Ich glaube, dass wir jetzt mit paddy und generell durch das Thema KI die Chance haben, beides zu verbinden und damit einen riesigen Markt zu erschließen. Jede Lehrkraft unterstützt jeden Schüler individuell so gut sie kann und ermöglicht es gleichzeitig, die breite Masse zu erreichen. 

    Wie sieht eure Vision für Schule in 10 Jahren aus – und welche Rolle spielt paddy darin?  

    Matty Frommann:  Digitalisierung und digitale Tools – die beim Unterrichten unterstützen – werden absoluter Standard sein. Wir schaffen es endlich, alle Bereiche – die Unterrichtsvorbereitung, die Durchführung und die Nachbereitung, mit Daten unterlegt – zu verbinden und jedem Schüler ein individuelles Lernerlebnis zu bieten. Genau da will sich paddy positionieren. 

    Ich glaube auch, dass wir in 10 Jahren vor einer Situation stehen werden, in der wir durch Technologie gute Antworten auf den absehbaren Lehrkräftemangel haben und wir jedem Schüler und jeder Schülerin ein individuelles Lernerlebnis ermöglichen können. 

    Matty Frommann (rechts) mit seinen Mitgründern Lukas Portmann (mitte) und Tobias Schröder.

    Welchen Rat würdet ihr jungen Gründer:innen geben? Gibt es vielleicht gerade im EdTech-Bereich Hürden?  

    Felix Assion: Im EdTech-Bereich, noch viel mehr als in anderen Branchen, reicht es nicht, ein starkes, innovatives Produkt zu haben. Man merkt früh – auch im Fundraising – dass das Thema sich in Richtung Vertrieb, Sales und Go-to-Market bewegt und dass sehr früh erwartet wird, dass schon Erfahrungen gesammelt wurden und eine klare Strategie vorhanden ist. Deshalb rate ich Teams, sich mehr Zeit zu nehmen als in anderen Branchen, wo oft ein MVP und ein Pitchdeck genügen. 

    Wenn es über paddy heißt, dass sie „in sechs Monaten 1 Mio. geraised“ haben, dann ist das nur die halbe Wahrheit – davor liegt meist eine lange Phase, in der Businessmodell und Dynamiken entwickelt sowie Schulen und Lehrkräfte verstanden werden mussten. 

    Wenn man als Team dann an dem Punkt ist und wirklich bereit für eine Finanzierungsrunde, sollte man sich auch noch Zeit nehmen, um zu prüfen, welche Investoren wirklich passen und genau hinschauen: Welche Mehrwerte können uns neben Kapital wirklich weiterhelfen? So viele sind das gar nicht und ich glaube, dass das Team dies am Ende sehr gut gelöst hat. 

    All das war Teil der Reise. Daher wäre mein Hauptratschlag: sich Zeit nehmen, Strukturen aufbauen – und das betrifft nicht nur das Produkt selbst. 

    Matty Frommann: Mein Rat: Alles auf Vertrieb setzen, möglichst schnell viele Testpiloten starten und – ganz wichtig im EdTech-Bereich – bezahlende Kunden gewinnen. Das sollte das Kernziel sein. Marketing wird spannend, wenn man auf eine kritische Masse an Kunden skaliert und verschiedene Kanäle aufbaut. Aber das Allerwichtigste sind die ersten 50 Kunden. Auch wir haben mit den ersten 50 paddy-Kunden angefangen – und das ist nicht in zwei Monaten passiert. Es hat Jahre gedauert, die richtigen Ansprechpartner zu gewinnen, in den relevanten Gremien vertreten zu sein, auf den passenden Netzwerkevents präsent zu sein und den Markt zu verstehen.  

    Vielen Dank für eure Zeit und die Insights!


    1. Bereits jede zweite Lehrkraft hat KI für die Schule genutzt | Bitkom Research ↩︎
  • Francesco Sciortino von Proxima Fusion im Interview 

    Francesco Sciortino von Proxima Fusion im Interview 

    Auf dem Weg zur kommerziellen Kernfusion: Francesco Sciortino von Proxima Fusion im Interview 

     
    Das HTGF-Portfoliounternehmen Proxima Fusion hat kürzlich in einer Serie-A-Finanzierungsrunde 130 Millionen Euro eingesammelt, um die kommerzielle Nutzung von Fusionsenergie voranzutreiben.

    Wir haben uns mit CEO und Mitgründer Francesco Sciortino zusammengesetzt. Im Interview erklärt er, was dieser Meilenstein für das Team bedeutet, welches Potenzial im Stellaris-Reaktor steckt, wie der Weg aus der Forschung zum Startup verlief und welchen Impact ihr „Alpha“-Demonstrator haben könnte. Außerdem teilt er Tipps für Deep-Tech-Gründer:innen, die sich großen Herausforderungen stellen. 

    Glückwunsch zur erfolgreichen Finanzierungsrunde! Was bedeutet dieser Meilenstein für das Team und welche Auswirkungen wird es auf eure zukünftigen Ziele haben? 

    Das bedeutet, dass sowohl unser Ansatz als auch das Team, das wir aufgebaut haben, nun validiert sind. Die enge Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft in Deutschland und unser simulationsgetriebener Engineering-Ansatz haben sich als erfolgreich erwiesen. 

    Wir sind schneller vorangekommen als erwartet und haben das Stellaris-Design sowie unsere Magnettechnologie im Labor fertiggestellt. Jetzt haben wir die Finanzierung gesichert, um unsere Hardware-Meilensteine mit voller Kraft voranzutreiben. Damit sind wir heute das größte Stellarator-basierte Fusionsunternehmen weltweit. Wir haben mehr Kapital eingesammelt als alle unsere Stellarator-Konkurrenten zusammen. Jetzt liegt es an uns – wir müssen liefern. 

    Welche technologischen Grundlagen stecken hinter eurem A​​nsatz für Stellaris? 

    Wir arbeiten im Bereich der magnetischen Einschlussfusion. Dazu zählen sowohl Tokamaks als auch Stellaratoren und weitere Unterkategorien. Ich selbst komme ursprünglich aus der Tokamak-Forschung, dem konventionelleren Ansatz in diesem Bereich. Tokamaks sind ringförmige Magnetsysteme, in denen extrem heißes, ionisiertes Plasma durch verdrehte Magnetfelder eingeschlossen wird. 

    Stellaratoren funktionieren auf ähnliche Weise. Man könnte sogar sagen, ein Tokamak ist eine Sonderform des Stellarators. Lange Zeit galten Stellaratoren allerdings als technisch zu komplex, um sie zuverlässig zu entwickeln. Doch 2022 erreichte der Stellarator Wendelstein 7-X der Max-Planck-Gesellschaft in Deutschland seine zentralen Konstruktionsziele. Damit war klar: Stellaratoren sind baubar und sie lassen sich so weiterentwickeln, dass sie nicht nur für die Forschung, sondern auch für den Kraftwerkseinsatz geeignet sind. 

    Anfang 2023 wurde Proxima Fusion aus dem Max-Planck-Institut ausgegründet, mit dem Ziel, Stellaratoren zur kommerziellen Reife zu bringen. Inzwischen zieht dieser Ansatz weltweit zunehmend Aufmerksamkeit auf sich. Aktuell gibt es acht Unternehmen, die an Stellarator-Technologien arbeiten. 

    Worin liegt der Unterschied zwischen Proxima Fusion und anderen Akteuren, die im Bereich Fusion arbeiten? Und was ist euer langfristiges Ziel? 

    Im Vergleich zum größten Tokamak-Unternehmen der Welt, Commonwealth Fusion Systems (CFS), sind alle Stellarator-Startups noch relativ klein. CFS hat bereits mehr als zwei Milliarden Dollar eingesammelt und arbeitet sehr erfolgreich daran, einen Tokamak zu bauen, der dieselbe Art supraleitender Magnettechnologie nutzt wie Proxima Fusion. Wir stimmen in vielen Punkten überein, wenn es um die Gemeinsamkeiten von Tokamaks und Stellaratoren geht. Die physikalischen Grundlagen sind dieselben, doch der entscheidende Unterschied ist, dass gut konstruierte Stellaratoren im Dauerbetrieb arbeiten und vollkommen stabil sind.

    Das ist der „Moonshot im Moonshot“, den wir mit Proxima verfolgen. Unser Ziel ist nicht, etwas zu entwickeln, das nur kurzzeitig Energie erzeugt und dabei einen spektakulären Lichtblitz durch Fusion produziert. Vielmehr wollen wir ein echtes Kraftwerk bauen.

    Aktuell gibt es rund 60 Unternehmen, die an Fusionsreaktoren arbeiten, davon haben etwa zehn Startups jeweils 100 Millionen Euro oder mehr eingesammelt. Wir befinden uns mitten in einem Wettlauf um den Bau des ersten Nettoenergie-Reaktors und damit auf dem Weg zum weltweit ersten Fusionskraftwerk. Wir werden sehen, wer am Ende die Nase vorn hat! 

    Francesco Sciortino, CEO und Mitgründer von Proxima Fusion (Bild: Proxima Fusion) 

    Wie hat sich der Weg von der Forschung zum eigenen Startup gestaltet? Und welche Erfahrungen waren dabei besonders wichtig? 

    Wir haben als Physiker begonnen, die Tokamaks und Stellaratoren erforschten. Unser Mitgründer Martin Kubie hat einen Hintergrund im Maschinenbau und war bei Google X tätig. Als Spin-out des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik mussten wir unsere Arbeitsweise anpassen: Wir haben einen stärker ingenieursorientierten Ansatz entwickelt und legen ​​nun einen großen Fokus auf Simulationen, um schnellere Iterationen zu ermöglichen. 

    Die Geschwindigkeit der Iteration ist entscheidend. Einen gesamten Stellarator kann man nicht iterativ bauen, er ist zu groß. Deshalb ist eine iterative Entwicklung in Originalgröße bei der Hardware-Integration nicht möglich, wohl aber die Integration auf Systemebene in der Software. Dafür muss man jedoch mit einem Fusionskonzept arbeiten, das experimentell validiert ist. Wenn man seinen Modellen nicht vertraut, kann man zwar beliebig schnell iterieren, doch die Ergebnisse bleiben kontinuierlich falsch. 

    Für uns war entscheidend zu erkennen, dass Stellaratoren heute über eine deutlich ausgereiftere physikalische Grundlage verfügen als noch vor wenigen Jahren. 

    Als Spin-off der Max-Planck-Gesellschaft glauben wir seit unserer Gründung fest an öffentlich-private Partnerschaften und die Wichtigkeit​​ von guter Zusammenarbeit. Das ist nicht immer einfach. Wir sind zwei sehr unterschiedliche Organisationen, aber entscheidend war immer die gemeinsame, missionsgetriebene Denkweise und das Finden eines gemeinsamen Wegs, damit dieses Projekt starten konnte. Und ich denke, eine Fähigkeit, die wir Europäer noch weiter verbessern müssen, ist, die theoretische Forschung zunehmend in praktische Ingenieursarbeit und operative Umsetzung zu überführen. 

    Wir haben gelernt, dass die Personalsuche zwar extrem schwierig, aber auch das Allerwichtigste ist: Die richtigen Leute zu finden, ist alles. Die Qualität des Gründerteams ist ein wichtiger Indikator für das, was noch kommt. Aber wirklich entscheidend ist, ob man bessere Leute einstellen kann als sich selbst.  Und das, so glaube ich, haben wir ganz gut geschafft. Vielleicht war das in den ganz frühen Tagen noch nicht so klar, aber irgendwie haben wir sehr schnell an Fahrt aufgenommen. 

     
    Das Demonstrationssystem „Alpha“ soll 2031 in Betrieb genommen werden und dann mehr Energie produzieren, als es verbraucht. Warum ist dies ein so wichtiger Schritt in Richtung kommerzielle Fusionsenergie? 

    Das Demonstrationssystem, das wir „Alpha“ nennen, ist ein energieerzeugendes Gerät. Der Prozess der Sterne auf der Erde. Alpha ist noch kein Kraftwerk, sondern eine Demonstrationsanlage, aber es ist so ausgelegt, dass es das letzte Gerät ist, das wir jemals bauen müssen, bevor wir ein Kraftwerk errichten. 

    Wir sind überzeugt, dass Alpha die richtige Art von Gerät für ein Fusionskraftwerk ist, das kontinuierlich arbeitet und vollkommen stabil ist. Das ist das Besondere an Proxima: Wenn wir Alpha fertigstellen, könnte Proxima eines der wertvollsten Unternehmen der Welt werden. Das hängt jedoch vom Marktwert ab, der im Allgemeinen mit dem Bedarf an sauberer, sicherer und reichlich vorhandener Energie zusammenhängt. 

    Der Grund, warum wir seit fast 70 Jahren die Fusion verfolgen, ist einfach: Es gibt grundsätzlich nichts Vergleichbares. Wir sprechen davon, schwere Formen von Wasserstoff auf nuklearer Ebene zu verbrennen, also leichte Kerne, schwere Formen von Wasserstoff zu verbinden – nicht Uran, Plutonium und Ähnliches. Diese befinden sich an entgegengesetzten Enden des Periodensystems. Wir hingegen bewegen uns im einfachsten Teil des Periodensystems. Der größte Teil des Universums besteht aus Wasserstoff. Der Brennstoff ist nahezu unendlich. 

    Team von Proxima Fusion (Bild: Proxima Fusion)

     
    Wie könnte Fusionsenergie unseren Planeten, unsere Gesellschaft und unser Verständnis von Energie verändern? 

    Eine Flasche dieses schweren Wasserstoffbrennstoffs könnte die Stadt München eine Woche lang mit Strom versorgen. Nur ein einziger Löffel dieses Brennstoffs entspricht dabei der Energie von 13 Tonnen Kohle. Das ist sicher und keine bloße Theorie. Im Labor können wir das bereits im kleinen Maßstab umsetzen. Wir wissen, dass die Sonne genau auf diese Weise „brennt“. So wird das gesamte Universum angetrieben. Die entscheidende Frage lautet: Können wir das kostengünstig genug realisieren? Und können wir diese Kraftwerke schnell genug bauen? Das wird über unsere Zukunft entscheiden. Es geht nicht mehr um den physikalischen Nachweis des Prinzips, sondern um den technischen und wirtschaftlichen. 

    Deutschland steht vor einer Energiekrise und Europa vor einer Krise der technologischen Souveränität. Es gab noch nie einen besseren Zeitpunkt, um über die massive Skalierung von Fusionssystemen nachzudenken, ähnlich wie Frankreich in den 1970er Jahren sein Energiesystem um die Kernspaltung herum skaliert hat. Wenn Fusion einen erheblichen Anteil an der weltweiten Energieversorgung übernehmen und wir gleichzeitig schnell handeln wollen, um das Klima in den kommenden Jahrzehnten zu schützen, müssen wir jetzt Wege finden, wie wir zügig 1.000 Kraftwerke bauen können. Das bedeutet, dass wir ein skalierbares System entwickeln müssen. 

    Was würdest du anderen Deep-Tech-Gründer:innen raten, die vor großen technologischen Herausforderungen stehen? 

    Kein Platz für Egos, man braucht eine Mission-first-Mentalität. Man muss sich absolut bewusst sein, warum man so viel seines Lebens in etwas investiert. Wir könnten alle etwas tun, das besser bezahlt wird oder mehr Freizeit ermöglicht. Wir sind hier aus Überzeugung, und die Mission ist es wert, einen großen Teil des eigenen Lebens zu investieren. Das muss für die Gründer:innen von Anfang an klar sein. 

    Vielen Dank für die spannenden Einblicke! 

  • Deep-Tech-Matrix

    Deep-Tech-Matrix

    HTGF Deep-Tech-Matrix: Orientierung im Wachstumsprozess technologiegetriebener Startups

    Deep-Tech-Unternehmen entwickeln Technologien, die ganze Branchen verändern können. Das macht sie attraktiv – vor allem für Investoren. Doch viele Startups tun sich schwer, ihr Potenzial verständlich zu vermitteln.

    Häufig fehlt eine klare, konsistente Kommunikation. Die HTGF-Experten Dr. Gernot Berger, Dr. Olaf Joeressen und Yann Fiebig haben sich dieser Herausforderung gewidmet. In einem umfassenden Paper zeigen sie, worauf es bei Deep-Tech-Startups wirklich ankommt – und stellen mit der HTGF Deep-Tech-Matrix ein praxisnahes Werkzeug vor. 

    Deep Tech steht für technologische Innovationen mit wissenschaftlicher Tiefe. Ob KI, Robotik, neue Materialien oder Biotechnologie: Deep-Tech-Unternehmen arbeiten nicht an kurzfristigen Convenience-Lösungen, sondern an Antworten auf grundlegende gesellschaftliche und industrielle Herausforderungen. Der aktuelle Boom in der Deep-Tech nährt bei vielen die Hoffnung, Innovationskraft langfristig zu sichern. Vor allem Investoren sehen darin die Chance, durch tiefgreifende Transformation attraktive Renditen zu erzielen. 

    Der Deep-Tech-Disconnect: Warum viele Technologien überzeugen – aber Investoren trotzdem zögern 

    Trotz aller Ambitionen erleben viele Deep-Tech-Gründer in der Praxis eine harte Realität: Ihre technologischen Durchbrüche stoßen bei Investoren auf Zurückhaltung. Nicht wegen mangelnder Qualität – sondern wegen eines fehlenden gemeinsamen Verständnisses. Dieses Spannungsfeld wird als Deep-Tech-Disconnect bezeichnet. Es beschreibt die strukturelle Lücke zwischen dem Entwicklungsmodell technologiegetriebener Startups und den Erwartungen klassischer Venture-Capital-Investoren. Denn viele Investmentmodelle orientieren sich bis heute stark an der Dynamik von Software-Startups: schnelle Minimal Viable Products (MVPs), frühes Nutzerfeedback, geringe Kapitalbindung. Deep-Tech-Unternehmen funktionieren anders. Sie brauchen lange Entwicklungszeiten, hohe Investitionen – und erreichen Marktreife meist deutlich später. 

    Daher braucht es im Deep-Tech-Bereich eine Equity Story, die über klassische Pitch-Kriterien hinausgeht. Sie muss ein großes, bislang ungelöstes Kundenproblem klar benennen – und zeigen, warum gerade dieser wissenschaftlich-technologische Ansatz der richtige Weg zur Lösung ist. Ebenso entscheidend: Warum genau dieses Team in der Lage ist, daraus ein marktfähiges Produkt zu entwickeln. Der technologische Vorsprung muss greifbar sein – durch Schutzrechte, wissenschaftliche Substanz und die Kombination aus Forschungsexzellenz und Umsetzungskompetenz. Und nicht zuletzt braucht es eine realistische Roadmap: mit klaren Meilensteinen, passenden Finanzierungsphasen und einem belastbaren Plan, wie die Technologie vom Labor in den Markt findet. 

    Die Deep-Tech-Matrix: Orientierung im komplexen Wachstumspfad 

    Wie lässt sich der Fortschritt eines Deep-Tech-Startups jenseits von Umsatz und MVP fundiert beschreiben? Die HTGF Deep-Tech-Matrix bietet ein praxistaugliches Werkzeug, um den Weg von der wissenschaftlichen Idee zum skalierbaren Unternehmen zu planen, zu strukturieren und zu kommunizieren. Sie hilft Gründerteams, ihre Equity Story klar aufzubauen – und schafft eine gemeinsame Sprache mit Investoren. 

    Die Matrix basiert auf zwei zentralen Dimensionen: dem technologischen Reifegrad (TRL) und der Sicherheit über das Vorhandensein eines großen Marktes. Der technologische Reifegrad orientiert sich an international anerkannten TRL-Skalen – von der Grundlagenforschung (TRL 1–2) über den Proof-of-Concept (TRL 3–4) bis hin zur marktreifen Lösung (TRL 8–9). Erfolgreiche Deep-Tech-Startups wissen genau, welche Schritte notwendig sind, wann welche Meilensteine erreicht werden – und was sie bereits potenziellen Kunden zeigen können. 

    Die zweite Dimension – der Markt – wird häufig unterschätzt. Doch gerade für spätere Finanzierungsrunden ist entscheidend, ob der adressierte Markt bereits bewiesen ist, welches Wachstumspotenzial besteht und ob ein klarer Anwendungspull vorliegt. Die Matrix bewertet daher auch, wie gut das Kundenproblem verstanden ist und wie realistisch die Chancen auf Marktdurchdringung sind. 

    Jede Zelle der Matrix steht für eine Kombination aus technologischem Reifegrad und Marktreife. Der ideale Entwicklungspfad eines Startups führt schrittweise nach oben rechts: zu einer skalierbaren Technologie in einem großen, validierten Markt. Dabei lassen sich typische Phasen abbilden – von der frühen Konzeptidee ohne klaren Marktbezug („No Money Land“) über Pre-Seed und Seed bis hin zur Series A und B, in denen Skalierung und wiederkehrende Umsätze im Fokus stehen. 

    Die Matrix in der Praxis 

    Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie die Matrix angewendet werden kann: Ein Startup aus dem Bereich technischer Simulation entwickelte früh einen cloudbasierten Prototyp, der eine bislang vernachlässigte Zielgruppe adressierte – Ingenieur:innen ohne Zugang zu klassischen, teuren CAD-Tools. Die technologische Machbarkeit war vielversprechend, das Marktpotenzial anfangs noch unklar. Der Einstiegspunkt lag also in einem mittleren Reifegrad und einem wenig erschlossenen Marktsegment. Der Fortschritt gelang durch eine klar definierte Go-to-Market-Strategie, systematisches Produktmanagement und wachsende Kundenresonanz. Eine überzeugende Equity Story – mit einem starken Problemfokus, einem belastbaren Fahrplan und einer klaren Verbindung zwischen Technologie, Markt und Team – spielte dabei eine zentrale Rolle. 

    Fazit: Ein gemeinsames Verständnis schaffen – von Anfang an 

    Die HTGF Deep-Tech-Matrix ist mehr als ein Analysewerkzeug – sie ist ein strategischer Kompass. Sie unterstützt Gründer:innen dabei, ihre Equity Story strukturiert zu entwickeln, zentrale Meilensteine zu definieren und den eigenen Fortschritt nachvollziehbar zu kommunizieren. Gleichzeitig schafft sie ein gemeinsames Verständnis zwischen Startups und Investor:innen – mit klarer Sprache, realistischen Erwartungen und einem fundierten Plan. 

    Für Investor:innen bietet die Matrix Orientierung: Sie macht deutlich, welcher technologische Reifegrad und welche Marktentwicklung in den jeweiligen Finanzierungsphasen sinnvoll und realistisch sind. So wird aus Unsicherheit eine fundierte Entscheidungsgrundlage. Kurz gesagt: Die Deep-Tech-Matrix bringt Struktur in komplexe Entwicklungen – und schafft bessere Voraussetzungen für erfolgreiche Finanzierungen und nachhaltiges Wachstum. Denn auch das nächste Deep-Tech-Unicorn beginnt mit einer klaren Geschichte. 

    Discover the Framework Behind Successful Deep Tech Growth

    Whether you’re a founder, investor, or ecosystem stakeholder, the HTGF Deep-Tech-Matrix offers a clear, strategic model for planning and evaluating deep tech equity stories. Learn how to align technological maturity with market potential, identify critical value inflection points, and foster a shared understanding between startups and investors.

  • In bewegten Zeiten richtig agieren – Tipps aus der Praxis 

    In bewegten Zeiten richtig agieren – Tipps aus der Praxis 

    In bewegten Zeiten richtig agieren – Tipps aus der Praxis 

    Trotz erster Anzeichen einer Erholung, sind die Zeiten in denen Startups agieren, immer noch herausfordernd.

    Wir haben mit Expert:innen des HTGF über zwei aktuelle große Herausforderungen gesprochen: Wie kommen Startups am besten an Kapital? Und wie agieren sie international in unsicheren Umfeldern.  

    Von links: Dr. Tanja Emmerling, Partnerin beim HTGF und Dr. Markus Kückelhaus, Partner beim HTGF (Bild: HTGF)

    „Startups müssen verstehen, was die andere Seite wirklich braucht“ – Dr. Markus Kückelhaus, Partner im Bereich Industrial Tech, zu Chancen, Finanzierung und Partnerschaften. 

    Welche aktuellen Chancen und Herausforderungen siehst du für Start-ups im Jahr 2025? 

    Dr. Markus Kückelhaus: Für 2025 sind wir grundsätzlich optimistisch. Zum einen steigt die Zahl der Gründungen wieder – das zeigen auch die aktuellen Zahlen aus dem startupdetector Report. Zum anderen verfügen deutsche VCs über viel Dry Powder: neun Milliarden Euro, die noch investiert werden müssen. Gleichzeitig gibt es im Late-Stage-Bereich einen Rückstau, was ein neues IPO-Fenster öffnen könnte. 

    Herausfordernd bleiben die makroökonomischen Rahmenbedingungen: Der anhaltende Zollstreit, Inflationssorgen und ein potenziell steigendes Zinsniveau – auch wenn dieses derzeit noch niedrig ist. 

    Welche Aspekte sind momentan bei der Finanzierung von Startups besonders relevant? 

    Dr. Markus Kückelhaus: Startups sollten die Dynamiken der einzelnen Finanzierungsphasen sehr genau verstehen. Schaut man auf die Zahl der Deals oder die Bewertungen, zeigt sich ein stabiles, teils sogar wachsendes Niveau. Trotzdem bleibt vor allem die Anschlussfinanzierung in späten Phasen herausfordernd. Agilität ist hier mehr denn je entscheidend. Gerade wenn man nicht in einem sehr aussichtsreichen Themenbereich wie bspw. AI unterwegs ist, ist die Investorenansprache sehr aufwendig – es braucht viele Gespräche.  

    Vor allem Deep-Tech-Startups – beziehungsweise generell Unternehmen, die über Jahre hinweg noch keine Umsätze erzielen – müssen sich frühzeitig Gedanken darüber machen, welche weiteren Finanzierungsmöglichkeiten sie nutzen können. Abseits von klassischem Venture Capital sind insbesondere öffentliche Fördermittel oder weitere non-dilutive Finanzierungsoptionen essenziell, um langfristig ausreichend Kapital zur Verfügung zu haben und die langen Entwicklungszyklen überhaupt realisieren zu können. 

    Was ist wichtig, wenn Startups mit Unternehmen kooperieren möchten? 

    Dr. Markus Kückelhaus: Kooperationen mit Unternehmen sind immer aus einer Marktperspektive heraus relevant. Es geht eben nicht nur darum Finanzmittel zu bekommen, sondern vor allem auch darum, sich am Markt zu behaupten. Wir raten Start-ups daher, frühzeitig auf einen stimmigen Product-Market Fit zu achten. Reine strategisch-finanzielle Kooperationen sind seltener geworden. Einige Corporate VCs haben ihre Aktivitäten sogar ganz eingestellt – das aktuelle Umfeld macht es für Start-ups schwieriger, die auf solche Konstellationen setzen. 

    Start-ups sollten immer klar differenzieren: Was braucht die andere Seite tatsächlich? Geht es um Technologien, die kurzfristig einsatzbereit sein sollen – was eher für klassische Kunden-Lieferanten-Beziehungen spricht. Oder sucht das Unternehmen eine langfristige Entwicklungspartnerschaft, wie es etwa bei vielen Pharmaunternehmen der Fall ist. Wer diese Unterschiede erkennt, kann sein Angebot gezielter ausrichten und effektiver kooperieren. 

    „Startups müssen geopolitisch widerstandsfähiger denken – ohne sich zu verschließen“ – Dr. Tanja Emmerling, Partnerin für Digital Tech, zur internationalen Strategie in Krisenzeiten. 

    Welche Startups sind aktuell besonders betroffen? 

    Dr. Tanja Emmerling: Geopolitische Unsicherheiten wie der Zollstreit mit den USA oder globale Lieferkettenrisiken betreffen längst nicht mehr nur klassische Exporteure. Auch Startups aus den Bereichen Deep Tech, GreenTech oder KI spüren zunehmend Druck – sei es durch regulatorische Hürden, strategische Abhängigkeiten oder volatilere Finanzierungsbedingungen. Hinzu kommt: Wer auf internationale B2B-Kundschaft oder komplexe Wertschöpfungsketten setzt, wird von indirekten Effekten schnell eingeholt. In dieser Lage gilt: Startups müssen ihren Cashflow besonders im Blick behalten. Liquidität ist der Spielraum, um auf Veränderung reagieren zu können – das ist in Krisenzeiten wichtiger als Wachstum um jeden Preis. 

    Was rätst du Gründer:innen, wenn der Zugang zum US-Markt schwieriger wird? 

    Dr. Tanja Emmerling: Der US-Markt bleibt attraktiv, aber man sollte sich auf eine neue Realität einstellen: höhere regulatorische Anforderungen, politische Volatilität und mögliche Investitionshürden. Startups sollten frühzeitig lokales Know-how aufbauen – idealerweise durch Partner, Advisors oder eigene Strukturen vor Ort. Eine kluge Internationalisierungsstrategie bedeutet heute, geopolitische Resilienz mitzudenken: Welche alternativen Märkte kann ich aufbauen, ohne alles auf eine Karte zu setzen? Welche Allianzen oder strategischen Partnerschaften helfen mir, flexibel zu bleiben? Und wie kann ich meine Wertschöpfung so strukturieren, dass ich auch bei Spannungen handlungsfähig bleibe? 

    Welche Strategien helfen für Europa? 

    Dr. Tanja Emmerling: Think EU – not just US: Gerade jetzt lohnt sich der Blick nach innen. Die EU ist mehr als Regulierung – sie bietet ein wachsendes Innovationsökosystem, verlässliche Förderinstrumente wie den European Innovation Council und IPCEI sowie Chancen zur nachhaltigen Positionierung. Wer europäische Lieferketten und Absatzmärkte frühzeitig mitdenkt, stärkt seine strategische Resilienz. Und: Europa verlangt eigene Lösungen. Produkte, die in Sprache, Datenschutz und Nutzerbedürfnissen auf die regionale Vielfalt eingehen, schaffen echten Mehrwert. In Krisenzeiten zählen Fokus, schnelle Reaktion, Agilität und enge Kundenbindung. Wer diese Prinzipien ernst nimmt, kann Europa zum echten Heimatmarkt ausbauen – nicht nur als Rückzugsraum, sondern als Startpunkt für neue Stärke. 

  • Welten verbinden: Wie Unternehmen und Startups gemeinsam Innovationen vorantreiben – Im Gespräch mit Jens Busse 

    Welten verbinden: Wie Unternehmen und Startups gemeinsam Innovationen vorantreiben – Im Gespräch mit Jens Busse 

    Welten verbinden: Wie Unternehmen und Startups gemeinsam Innovationen vorantreiben – Im Gespräch mit Jens Busse 

    Innovation braucht frische Ideen und den Mut zur Veränderung. Für etablierte Unternehmen bedeutet Vorsprung, neue Denkweisen und Agilität zu nutzen. Und genau das bringen Startups mit. Aber wie können große Organisationen und junge Unternehmen effektiv zusammenarbeiten? 

    Jens Busse, Investment Director bei Evonik Venture Capital, erklärt, wie Partnerschaften mit Startups gelingen, was beide Seiten davon haben und wie gemeinsame Herausforderungen gemeistert werden können. 

    Warum ist eine engere Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups aus Ihrer Sicht essenziell für nachhaltiges Wachstum? 

    Eine enge Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Start-ups fördert Synergien, die Innovation und Flexibilität steigern. Start-ups bringen frische Ideen und Technologien mit, während etablierte Unternehmen über Ressourcen und Marktkenntnisse verfügen. Diese Kombination ermöglicht schnellere Markteinführungen und bessere Anpassungen an Marktveränderungen. 

    Welche konkreten Vorteile ergeben sich für Unternehmen, die in Start-ups investieren oder mit ihnen kooperieren? 

    Unternehmen profitieren von Zugang zu Innovationen, Erweiterung des Produktportfolios, Marktanteilsgewinnen sowie einer verbesserten Innovationskultur. Zudem können sie Risiken minimieren, indem sie neue Technologien testen, ohne das volle Risiko eigener Entwicklungen zu tragen. 

    Welche Herausforderungen gibt es bei der Integration von Start-up-Innovationen in bestehende Unternehmensstrukturen, und wie lassen sich diese bewältigen? 

    Herausforderungen umfassen kulturelle Unterschiede, komplexe Prozesse und technologische Inkompatibilitäten. Diese lassen sich durch offene Kommunikation, agile Methoden und frühzeitige Entwicklung gemeinsamer technischer Infrastrukturen bewältigen. Klare Strategien zur Ressourcenallokation sind ebenfalls entscheidend. 

  • Rückblick Family Day 2025

    Rückblick Family Day 2025

    Rückblick auf den HTGF Family Day 2025: Ein Jubiläum der Innovation und Zusammenarbeit

    Der HTGF Family Day 2025 war ein voller Erfolg – zwei Tage voller inspirierender Vorträge, intensiver Diskussionen und wertvoller Networking-Möglichkeiten. Den Auftakt bildete die Networking Night am Montag: Nach der Eröffnung durch die Geschäftsführer:innen Romy Schnelle, Dr. Alex von Frankenberg und Dr. Achim Plum, hielt Carsten Maschmeyer eine mitreißende Keynote zum Thema Sales.

    Anschließend fanden moderierte Tischgespräche zu zukunftsweisenden Themen wie Künstliche Intelligenz, New Space und der „DNA von Unicorns“ statt. Darüber hinaus gab es zahlreiche direkte Gespräche zwischen Investor:innen, Start-ups und weiteren Akteuren des Startup-Ökosystems.

    Am Dienstag bot Gitta Connemann, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, einen wertvollen Einblick in die deutsche Startup-Politik. Der zweite Veranstaltungstag wartete mit einem prall gefüllten Programm auf: 40 Pitches, 12 Panels und zahlreiche Keynotes sorgten für viel Input und Austausch. Insgesamt wurden fast 5.000 direkte Gespräche zwischen den Teilnehmenden verabredet. Der krönende Abschluss: der Birthday Bash zum 20-jährigen Bestehen des HTGF.

    Ein herzliches Dankeschön an alle, die zum Erfolg des HTGF Family Days beigetragen haben – den Speaker:innen, Panelist:innen, Teilnehmer:innen und dem gesamten HTGF-Team. Der Family Day 2025 hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig Innovation, Austausch und Zusammenarbeit für eine erfolgreiche Zukunft sind.

    Wir freuen uns schon jetzt aufs nächste Mal – am 11. und 12. Mai 2026 in Berlin!

    Fotos und Video: Dominik Tryba / Introduce Productions

  • Interview Florian Nöll, PwC

    Interview Florian Nöll, PwC

    Wachstum von innen – Wie etablierte Unternehmen von Start-ups profitieren

    Frischer Wind tut gut – nicht nur draußen. Er weckt auf, klärt den Kopf und macht Lust auf Neues. Was uns beflügelt, brauchen auch Unternehmen: Impulse, Veränderung, Aufbruch. Doch woher kommt dieser frische Wind? Oft sind es Startups, die etablierte Strukturen aufwirbeln.

    Wir haben mit Florian Nöll, Partner und Global Venturing & EMEA Startups, Scaleups Leader bei PwC Deutschland darüber gesprochen, wie Corporates und mittelständische Unternehmen die Zusammenarbeit mit jungen Unternehmen effektiv gestalten können – und warum sich das für beide Seiten lohnt.

    Florian Nöll, Partner und Global Venturing & EMEA Startups, Scaleups Leader bei PwC Deutschland (Foto: PwC)

    Warum ist eine engere Zusammenarbeit zwischen etablierten Unternehmen und Startups aus ihrer Sicht essenziell für nachhaltiges Wachstum?

    Startups sind oft agiler und innovationsfreudiger und können damit großen Corporates sowie mittelständischen Unternehmen damit neue Impulse bieten. Diese Synergie ermöglicht es etablierten Firmen, von frischen Ideen und Technologien zu profitieren und ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Startups ermöglicht die Zusammenarbeit dagegen Zugang zu Ressourcen und Netzwerken, die ihr Wachstum fördern. Eine echte Win-Win-Situation zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandorts Deutschland sowie für das lokale Ökosystem. Kein Wunder also, dass laut aktueller Zahlen des Branchenverbandes Bitkom bereits 32 % der Unternehmen mindestens eine Kooperation mit Startups haben, von denen 98% berichten, dass ihre Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen wurden.

    Welche konkreten Vorteile ergeben sich für Unternehmen, die in Startups investieren oder mit ihnen kooperieren?

    Unternehmen, die den Schulterschluss mit Startups suchen, profitieren von neuartigen Lösungen und Technologien, die ihre Produktentwicklung beschleunigen können. Zudem erschließen sie durch diese Partnerschaften oder Investitionen neue Märkte. Eine aktuelle Bitkom-Umfrage zeigt, dass 11 % der Unternehmen gemeinsam mit Startups neue Produkte oder Dienstleistungen entwickeln, 3 % sind finanziell an Startups beteiligt und 2 % haben aus dem eigenen Unternehmen heraus selbst Startups gegründet. Durch die so gesteigerte Innovationskraft verbessern sie außerdem nicht nur die Kundenbindung, sondern stärken auch das Unternehmensimage als innovativer Akteur auf dem Markt.

    Welche Herausforderungen gibt es bei der Integration von Startup-Innovationen in bestehende Unternehmensstrukturen, und wie lassen sich diese bewältigen?

    Bei der Integration von Startup-Lösungen in etablierte Unternehmen stoßen Innovationsteams häufig auf strukturelle Barrieren – häufig in den Bereichen Legal und IT sowie bei der Abstimmung mit dem Betriebsrat. Wie man diesen Herausforderungen begegnet, ist natürlich von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich. Unsere Erfahrung zeigt jedoch, dass ein transparentes Kommunikationsumfeld und interdisziplinäre Teams, die flexibel arbeiten können, essenzielle Aspekte sind, um diesen zu begegnen. In über 80 % der letzten 100 von uns begleiteten Projekte ist das unseren Kunden gemeinsam mit uns gelungen, sodass nachhaltige Kooperationen entstanden sind.

  • Air Force Innovation Day – Gemeinsam in die Zukunft starten! 

    Air Force Innovation Day – Gemeinsam in die Zukunft starten! 

    Air Force Innovation Day – Gemeinsam in die Zukunft starten! 

    Startups, Investoren und Luftwaffe im Fokus


    Am 28. April 2025 wurde der Luftwaffenstützpunkt Laage zum Knotenpunkt für luftwaffenrelevante Innovationen. Der erste Air Force Innovation Day, initiiert vom High-Tech Gründerfonds (HTGF), brachte rund 90 Teilnehmende aus der Startup- und Investorenszene, der Luftwaffe, der Industrie und verschiedenen Behörden zusammen, um ein Air Force Innovation Network aufzubauen. Im Fokus dieser Veranstaltung stand, die Verbindungen zwischen der Innovationswirtschaft und der Luftwaffe zu intensivieren. Mit konkreten technologischen Bedarfen in sicherheitskritischen Bereichen und im offenen Dialog erfolgte der unmittelbare Austausch mit klarem Schwerpunkt auf Vernetzung.

    Gemeinsamkeiten erkennen, Dialog verstärken

    Mit dem Air Force Innovation Day wurde ein Rahmen geschaffen, in dem sich Gründerteams und Vertreterinnen und Vertreter der Luftwaffe auf Augenhöhe begegnen konnten.

    „Der erste Air Force Innovation Day verbindet die Luftwaffe mit High-Tech-Startups, Investoren und etablierten Unternehmen. Dieser enge Austausch ist entscheidend, denn Modernisierung muss auch über Startups und ihre technologischen Lösungen vorangetrieben werden. Das macht dieses Format so wichtig, um diesen Weg gemeinsam zu gehen“, sagte Generalleutnant Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe. Er machte deutlich, wie wichtig es ist, auf neue Bedrohungsszenarien flexibel reagieren zu können – und welche Rolle dabei innovative, externe Partner spielen.

    Der direkte Austausch mit Startups biete die Chance, neue Denkansätze und technologische Lösungswege frühzeitig in die Überlegungen der Luftwaffe einzubinden.

    „Die sicherheitspolitische Lage erfordert zunehmend schnelle und gezielte technologische Antworten,“ sagte Alex von Frankenberg, Geschäftsführer des HTGF. „Es geht nicht nur um einzelne Technologien, sondern um den systematischen Brückenschlag zwischen strategischem Bedarf und unternehmerischer Lösungskompetenz. Genau hier können der HTGF als Ökosystembauer, Startups, die Industrie und andere Investoren entscheidende Impulse geben – für Wirtschaft, Sicherheit und den Technologiestandort Deutschland.“

    Fähigkeitsbedarfe sichtbar machen, Austausch ermöglichen

    Ein Highlight war der Trainingsflug zur Luftbetankung des Inspekteurs der Luftwaffe mit dem Eurofighter auf dem Weg von Berlin nach Laage/Rostock, bei dem die Teilnehmenden die Fähigkeiten und Abläufe der Luftwaffe unmittelbar erleben konnten.
    Technologievorführungen, Simulationen und Systempräsentationen vermittelten weitere Impressionen, die den „Spirit“ der Luftwaffe spürbar werden ließen. Im Zentrum stand dabei immer der Anspruch, die funktionalen Fähigkeitsbedarfe der Truppe greifbar zu machen – und gleichzeitig Innovationspotenziale aufzuzeigen.

    Brigadegeneral Henrik Scholz – Abteilungsleiter Weiterentwicklung/Planung/Innovation im Kommando Luftwaffe vertiefte diesen Anspruch in seinem Vortrag und ging dabei gezielt auf die aktuellen operativen und technologischen Herausforderungen ein: „Technologie wird den Luftkrieg der Zukunft verändern und wir müssen dafür sorgen, dass mit unseren Technologien und Innovationen dies zu unseren Gunsten geschieht. Lösungen in Bereichen wie Künstliche Intelligenz, Machine Learning, Sensorik, Space, Robotik, teilautonome Systeme oder Mensch-Maschine-Interaktionen werden eine zentrale Rolle spielen. Startups bringen disruptive Ideen und zudem Geschwindigkeit und wir sind der Überzeugung, dass wir diese brauchen.“

    Ministerialdirigent Alexander Schott – Forschungs- und Innovationsdirektor des BMVg betonte, wie wichtig es ist, schnelle Prozesse zu etablieren sowie auch einen Kulturwandel anzustoßen. „Wir müssen neue Wege gehen, die Technologieentwicklung intensivieren und uns auf den Fähigkeitsbedarf konzentrieren und ausrichten. Es bewegt sich erheblich etwas im großen Tanker Bundeswehr, und ich sehe starken Rückenwind für das, was wir vor uns haben.”

    Generalmajor Stefan Lüth – Amtschef Planungsamt der Bundeswehr machte deutlich, dass echter Mehrwert geschaffen wird, wenn „Macher auf ziviler und militärischer Seite“ zusammenkommen. „Wir bringen die Kompetenz aus Wirtschaft, Technik, Wissenschaft und Hochschulen an einen Tisch. Das Planungsamt ist ihr Ansprechpartner und ihr Tor zur Bundeswehr – der zentrale Brückenbauer.“

    Luftwaffe – flexibel und resilient

    Christian Ziach, Principal beim HTGF und ehemaliger Luftwaffenoffizier, betonte in seinem Statement zur Veranstaltung, dass die Kooperation mit Technologieunternehmen ein wichtiger Hebel ist, um auf sich schnell wandelnde sicherheitspolitische und technologische Rahmenbedingungen flexibel reagieren zu können. Gerade in einem Umfeld, das wie derzeit durch eine hohe Dynamik und Unberechenbarkeit geprägt ist, braucht es neue Wege der Zusammenarbeit: „Wir erleben gerade eine Entwicklung, in der sicherheitsrelevante Technologien enorm an Bedeutung gewinnen. Der direkte Austausch mit Bedarfsträgern hilft Startups dabei, ihre Produkte und Lösungen an den tatsächlichen Bedarfen weiterzuentwickeln. Ein solcher Austausch, wie auf diesem Air Force Innovation Day, ermöglicht eine Qualität der Kooperation, die man nicht simulieren kann.“

    Pitches mit direktem Feedback

    In kuratierten Sessions stellten 16 Startups ihre Technologien und Lösungen vor, die auf aktuelle Herausforderungen der Luftwaffe einzahlen.  Die Bandbreite reichte von KI-gestützten Diagnosesystemen über Hyperschallfähigkeiten bis hin zu Raumfahrtsystemen und Schutztechnologien für kritische Infrastrukturen. Die offene Diskussionsstruktur ermöglichte es den Startups, direktes Feedback zu erhalten – insbesondere zu Anwendungsnähe, Relevanz und strategischer Einordnung ihrer Technologien. Erste Kooperationspotentiale wurden bereits identifiziert.

    Jan-Hendrik Boelens, CEO von Alpine Eagle: „Es war heute eine fantastische Gelegenheit, sich mit allen Akteuren auszutauschen, sowohl auf Investoren- und Kundenseite als auch mit Startups, die mit vergleichbaren Herausforderungen konfrontiert sind.“

    Luisa Konga, Ingenieurin bei Polaris: „Solche Formate sind enorm wichtig, um den direkten Austausch zwischen innovativen Unternehmen wie POLARIS, der Bundeswehr und potenziellen Investoren zu ermöglichen. Das schafft Sichtbarkeit, öffnet Türen für Kooperationen und ermöglicht wertvolles Feedback aus der Praxis.“

    Stephanie Wißmann, Geschäftsführerin von SecuBlox: „Was mich besonders beeindruckt hat, war die strategische Qualität dieser Begegnung: Entscheiderinnen und Entscheider aus der Luftwaffe, direkte Anwenderinnen und Anwender, technologische Vordenker und Kapitalgeber – gemeinsam in einem Raum, ohne Umwege, ohne Filter. Es entstand ein Gespräch, das nicht nur Ideen generierte, sondern Richtung.“

    Sebastian Klaus, Gründer von Atmos Space Cargo: „Die Mischung aus hochkarätigen Startups und der Führungsebene der Luftwaffe und aus dem Planungsamt ist wirklich einzigartig. Und was mich sehr beeindruckt, ist dass der Inspekteur die Luftwaffe von vorne führt – das ist schon fast wie in einem Startup.“

    Ein Tag, der neue Perspektiven eröffnet

    Der Air Force Innovation Day 2025 hat gezeigt, wie wirkungsvoll ein emergentes Veranstaltungsformat außerhalb von etablierten Strukturen und Prozessen sein kann. Die Offenheit für gegenseitiges (Kennen-)Lernen, das direkte Gespräch mit Bedarfsträgern und die Möglichkeit, Zukunftsthemen gemeinsam zu denken, machen dieses Format besonders wertvoll.

    Generalleutnant Ingo Gerhartz zeigte sich beeindruckt von den vielen Ideen und Innovationsmöglichkeiten, die auf die konkreten Bedarfe bereits zugeschnitten sind. Wie geht es nun weiter? „Wir müssen offenbleiben, den Austausch in beide Richtungen fördern und aus Ideen konkrete Pilotprojekte machen aus denen dann langfristige Geschäftsbeziehungen entstehen können. Ich bin optimistisch, dass wir viele Projekte in Zukunft realisieren werden“, erklärte er.

    Mit dem Air Force Innovation Day hat der HTGF einen wichtigen Impuls gesetzt, um den Austausch zwischen Startups, Investoren, Industrie und sicherheitsrelevanten Akteuren gezielt zu fördern. Die Resonanz zeigt: Es gibt ein starkes Interesse, diesen Austausch weiterzuführen – als konkreten Beitrag zur Innovations- und Sicherheitsfähigkeit des Standorts Deutschland.

    Über den HTGF – High-Tech Gründerfonds 
    Der HTGF ist einer der führenden und aktivsten Frühphaseninvestoren in Deutschland und Europa, der Startups in den Bereichen Deep Tech, Industrial Tech, Climate Tech, Digital Tech, Life Sciences und Chemie finanziert. Mit seinem erfahrenen Investmentteam unterstützt der HTGF Startups in allen Phasen ihrer Entwicklung hin zu internationalen Marktführern. Der HTGF investiert in der Pre-Seed- und Seed-Phase und kann sich in weiteren Finanzierungsrunden signifikant beteiligen. Über alle Fonds hinweg hat der HTGF über 2 Mrd. Euro under Management. Seit seiner Gründung im Jahr 2005 hat er mehr als 770 Startups finanziert und fast 200 erfolgreiche Exits realisiert.  
    Zu den Fondsinvestoren der Public-Private-Partnership zählen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, die KfW Capital sowie 45 Unternehmen und Family Offices. 
    Weitere Informationen unter HTGF.de oder auf LinkedIn

    Medienkontakt 
    High-Tech Gründerfonds Management GmbH 
    Tobias Jacob, Senior Marketing & Communications Manager  
    T.: +49 228 – 82300 – 121
    t.jacob@htgf.de 

  • Nora Blum im Gespräch

    Nora Blum im Gespräch

    Mit Leichtigkeit und Wertschätzung: Wie radikale Freundlichkeit Startups stärkt – Nora Blum im Gespräch 

    Nora Blum ist Psychologin und Mitgründerin von Selfapy, einer digitalen Therapieplattform zur Unterstützung von Menschen mit psychischen Erkrankungen.

    Das Digital Health-Startup wurde kürzlich vom HTGF-Fondsinvestor MEDICE übernommen. In ihrem neuen Buch rückt sie ein Thema in den Fokus, das in der Startup-Welt selten mit harten Business-Strategien in Verbindung gebracht wird: radikale Freundlichkeit. Im Interview berichtet Nora darüber, wie ein respektvolles Miteinander und authentische Werte gerade in der Frühphase einer Gründung den entscheidenden Unterschied machen können. 

    Nora, in deinem neuen Buch sprichst du von „radikaler Freundlichkeit“, die nicht nur im privaten, sondern auch im geschäftlichen Kontext ein Erfolgsfaktor sein kann. Was war der Moment, in dem du das für dich erkannt hast? 

    Nora Blum: Tatsächlich war das kein einzelner Moment, sondern eher ein Prozess. Als ich aus der operativen Geschäftsführung bei Selfapy ausgestiegen bin, habe ich reflektiert, was uns eigentlich von anderen Gesundheits-Startups unterschieden hat. 

    Der Markt ist sehr herausfordernd, viele Startups sind dort gescheitert. Natürlich gehören viel Glück und gutes Timing immer dazu. Aber rückblickend glaube ich, dass ein Kernfaktor bei uns die Fähigkeit war, starke Beziehungen aufzubauen – zu vielen Vertragspartner:innen ebenso wie zu unseren Mitarbeitenden. Und das, so bin ich überzeugt, hatte viel mit unserer Freundlichkeit zu tun. 

    Wir haben das Unternehmen immer wertebasiert geführt – mit dem Anspruch, allen Vertragspartnerschaften und Menschen, mit denen wir interagiert haben, freundlich zu begegnen. Das hat sich ausgezahlt: Wir hatten von der ersten Stunde an viele Unterstützende, ein extrem loyales Team und viele Vertragspartnerschaften, die gerne mit uns zusammenarbeiten wollten, weil sie uns eben mochten. Ich glaube wirklich, dass unsere Haltung – unser freundlicher, respektvoller Umgang – einer der Kernerfolgsfaktoren war, warum wir mit Selfapy besonders die ersten schwierigen Jahre geschafft haben. 

    Was hat in dieser Zeit den Unterschied gemacht? 

    Nora Blum: In der Anfangsphase hast du wenig Kapital, wenig Erfahrungswissen – du bist extrem auf wohlwollende Menschen angewiesen. Menschen, die dir einen Vertrauensvorschuss geben, vielleicht einen Vertrag mit dir schließen, obwohl dein Unternehmen noch jung ist. Oder Menschen, die dich mit ihrem Wissen unterstützen, ohne sofort eine Gegenleistung zu erwarten.  

    Wir hatten zum Glück viele solcher Menschen um uns – und ich bin überzeugt, das lag an unserer Freundlichkeit. Das hat ein Umfeld geschaffen, in dem andere gern geholfen haben. 

    Gründer:innen könnten Angst haben, in harten Verhandlungen mit Investor:innen oder Geschäftspartner:innen zu freundlich aufzutreten – vielleicht mit der Sorge, den schlechteren Deal zu bekommen. Wie zeigt man Freundlichkeit, ohne dabei an Durchsetzungskraft zu verlieren? 

    Nora Blum: Freundlichkeit bedeutet nicht, allem zuzustimmen oder jede Kondition hinzunehmen. Im Gegenteil: Wir können sehr klar und bestimmt unsere eigenen Interessen vertreten, hart verhandeln – und dabei trotzdem respektvoll bleiben. Und ich glaube das ist ein weit verbreitetes Missverständnis: Freundlich zu sein heißt nicht, sich alles gefallen zu lassen.  

    Wenn wir unsere Interessen nicht vertreten, sind wir weder uns selbst gegenüber fair noch unternehmerisch klug. Freundlichkeit bedeutet auch, Grenzen aufzuzeigen. Die wahre Fähigkeit liegt darin, genau das zu schaffen und gleichzeitig anderen gegenüber freundlich und respektvoll zu bleiben. 

    In der Frühphase steht man häufig unter starkem Druck, muss mit Unsicherheiten und Rückschlägen umgehen. Welche Haltung hilft, damit konstruktiv umzugehen? 

    Nora Blum: Ich bin ein großer Fan von Simon Sineks Buch ‚Das ewige Spiel‘. Wir müssen probieren, das Unternehmen und die Unternehmung als eine Art Spiel zu betrachten, das wichtig ist, das wir aber mit Leichtigkeit und immer mal wieder mit etwas Abstand spielen. Sonst sind wir zu verbissen und machen unseren Wert zu sehr vom Erfolg des Unternehmens abhängig. Wenn wir zu sehr um den Erfolg kämpfen, fehlt uns manchmal der Weitblick, um Dinge neu zu sortieren, also für Kreativität und Pivots.  

    Eine gewisse Lockerheit und Leichtigkeit in den Prozess zu bringen ist wichtig, damit wir uns nicht selbst frustrieren und erschöpft viel früher aufgeben. Das ist viel einfacher gesagt als getan, aber es hilft, die Gründung mit Freude und Neugier zu betrachten und öfters etwas Abstand reinzubringen, anstatt zu verbissen auf ein Erfolgsziel hinzuarbeiten.   

    Mit Selfapy warst du in einer Branche unterwegs, in der es viele Hürden gab, als ihr gestartet seid. Welche Rolle hat Freundlichkeit gespielt, um Widerstände zu überwinden? 

    Nora Blum: Freundlichkeit ist gerade dann entscheidend, wenn man nicht nur auf offene Arme und Jubel trifft. Als wir mit Online-Therapie gestartet sind, gab es viel Gegenwind – vor allem von psychotherapeutischer Seite. Heute sind digitale Therapieangebote in jeder Leitlinie als Standardtherapieoption etabliert, damals wurden wir aber oft sehr kritisch hinterfragt. 

    Wir haben versucht, im Dialog zu bleiben – ohne aggressiv zu reagieren. Harsche Kritik ist oft Ausdruck von Sorge. Wenn wir das erkennen, können wir respektvoll darauf eingehen.  

    Auch mit Wettbewerbern haben wir immer partnerschaftlich zusammengearbeitet in den letzten Jahren. Gerade in Branchen, in denen man Veränderungen anstoßen will, Gesetze ändern muss und übergeordnete Ziele hat, bringt es nichts, gegeneinander zu arbeiten. Diese Freundlichkeit und Dialogbereitschaft haben letztlich der ganzen Branche geholfen. 

    Und wie sieht das im Inneren eines Unternehmens aus? Was kann radikale Freundlichkeit für die Teamkultur tun? 

    Nora Blum: Eine freundliche Teamkultur steigert Motivation, Kreativität und Produktivität. Gerade im Stress des Startup-Alltags ist das extrem wichtig. Und auch hier gilt: Freundlichkeit bedeutet nicht, dass man kritischen Feedback-Gesprächen aus dem Weg geht. Im Gegenteil – Transparenz und respektvolle Kommunikation sind essenziell, um Konflikte zu vermeiden.  

    Ich selbst habe früher geglaubt, freundlich zu sein bedeute, nur nette Dinge zu sagen. Heute weiß ich: Das ist ein Irrtum. Wahre Freundlichkeit zeigt sich in der Fähigkeit, auch schwierige Dinge anzusprechen – auf eine Art, die fair und respektvoll bleibt. 

    Wenn du der Nora, die kurz vor ihrer ersten Gründung stand, einen einzigen Tipp mitgeben könntest – welcher wäre das? 

    Nora Blum: Nimm die Sache nicht zu ernst. Es ist wirklich die Leichtigkeit, die den Unterschied macht. 

    Nora Blum, Psychologin und Mitgründerin von Selfapy (Foto: Anika Richter)
  • Lukas Gaats von mo:re im Interview

    Lukas Gaats von mo:re im Interview

    Der Weg zu tierversuchsfreien Medikamenten – Lukas Gaats von mo:re im Interview

    Das Hamburger Life Science-Startup mo:re setzt mit seiner innovativen Laborplattform, die die automatisierte Planung, Kultivierung und Analyse komplexer 3D-Zellkulturmodelle ermöglicht, neue Maßstäbe in der tierversuchsfreien Medikamentenentwicklung.

    Durch die kürzlich abgeschlossene Seed-Finanzierung in Höhe von 2,3 Millionen Euro, angeführt vom HTGF, will mo:re Organoide als Standardlabortechnik etablieren und so die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente grundlegend verändern. Wir haben uns mit Lukas Gaats, Mitgründer und CEO von mo:re zusammengesetzt, um zu erfahren wie die Idee zu mo:re entstand, welche Herausforderungen das Team bereits gemeistert hat und was als Nächstes ansteht.

    Lukas Gaates, Mitgründer und CEO von mo:re (Bild: mo:re)

    Lukas, wie ist die Idee zu mo:re entstanden?

    Die Idee kam während meines Forschungsaufenthaltes an der Queensland University of Technology (QUT). Im Labor von Professor Hutmacher haben wir an der Standardisierung von Bioprinting-Verfahren gearbeitet und während Interviews mit verschiedenen Forschern wurde mir ersichtlich, dass die Plattform kommerzielles Potenzial bietet. Ich habe meinen Mitgründer David während des MBA Studiums kennengelernt, in dem wir nicht nur die unternehmerischen Werkzeuge vermittelt bekamen, sondern auch die Lust am Gründen entdeckten. Wir wollten dieses Erlebnis haben, und als sich aus meiner Zeit als Mediziningenieur eine so vielversprechende Technologie entwickelte, ergab sich die perfekte Gelegenheit. 


    Bevor es an den Markt geht, muss eine Lösung validiert werden. Wie seid ihr dabei vorgegangen?

    Wir haben die Technologie im Labor umfassend wissenschaftlich validiert und in der Entwicklung des Roboters auf klassische Prototyping Methoden zurückgegriffen. Die wichtigste Frage, die wir uns bei jeder Design- oder auch wissenschaftlichen Entscheidung stellen, ist die nach dem konkreten Ergebnis und wie es uns unseren Zielen näherbringt. Dadurch konnten wir auch mit anfangs bescheidenen Mitteln sehr fokussiert die ersten Prototypen und Anwendungen validieren.


    Ihr habt gerade eine Seed-Finanzierung abgeschlossen – was sind eure nächsten Schritte?

    Wir sind zu 100% auf die Kommerzialisierung fokussiert, da wir im Januar unser Produkt auf den Markt eingeführt haben. Es ist zu bedenken, dass wir Hardware, Software & Wetware (also die Organoide) anbieten, insbesondere im letzteren Bereich können wir nun signifikante Ressourcen investieren, um weitere Kunden von unserer Lösung zu überzeugen.


    Jedes Startup steht vor Hürden. Was war eure bisher größte Herausforderung – und wie habt ihr sie gemeistert?

    Meine größte Herausforderung war mental: Die Verantwortung, beispielsweise für das Wohlergehen unserer Mitarbeitenden, ist enorm und es gilt stets optimistisch voranzugehen. Diese mentale Belastung habe ich anfangs unterschätzt. Wir vergewissern uns regelmäßig im Führungsteam, dass der Zusammenhalt auch in schweren Momenten stark ist und sich niemand allein gelassen fühlt. Mit dem Wachstum ist es schön und beruhigend zu sehen, dass mit der mo:re GmbH allmählich etwas Größeres entsteht, als die Beiträge einzelner Personen.

     
    Welche Learnings aus der bisherigen Reise würdest du anderen Gründer:innen mitgeben?

    Verliert nie die Perspektive! Ein Startup – mit allen Höhen und Tiefen – ist eine unglaubliche Chance zu wachsen. Seid dankbar dafür, aber euch auch der Intensität bewusst. Versucht regelmäßig Abstand zu bekommen durch Hobbys, Reisen, oder Zeit mit Freunden und Familie, auch wenn es sie natürlich brennend interessiert, was grade im Startup los ist. So hat es bei mir geklappt, die letzten zwei Jahre mit Leidenschaft und Freude zu bewältigen. 

    Vielen Dank, Lukas, für die interessanten Einblicke, Lukas!

  • Interview cloudsquid

    Interview cloudsquid

    KI gegen Papierkram – Interview mit Mike McCarthy, Co-Founder von cloudsquid

    Im vergangenen November gab cloudsquid den Abschluss seiner Pre-Seed-Finanzierungsrunde unter der Leitung des HTGF bekannt. Das Startup hat es auf Papierkram abgesehen und setzt KI-Agenten ein, um Teams bei der Automatisierung dokumentenlastiger Arbeitsabläufe zu unterstützen. Erste Kunden transformieren kritische Arbeitsabläufe in den Bereichen Buchhaltung, Versicherungsansprüche und Lieferkettenbetrieb. Wir haben uns mit dem Gründer Mike zusammengesetzt, um über das vielfältige Team, seine Motivation, die gewonnenen Erkenntnisse und die nächsten Schritte für das Unternehmen zu sprechen.

    Mike McCarthy (mitte) und sein Co-Founder, Sangwoo Bae (links) und Filip Rejmus (rechts).

    Euer Team hat unterschiedliche Hintergründe – was ist eure gemeinsame Motivation und wie ergänzt Ihr euch?

    Unsere Vielfalt ist unsere Stärke. Ich bin aus den USA nach Berlin gezogen, Filip aus Polen und Sang aus Südkorea. Wir vereinen die Perspektiven der Millennials und der Generation Z. Diese Mischung hilft uns, Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln anzugehen und anders zu denken. Ich denke, unser gemeinsamer Wert ist Leidenschaft und Intensität. Wir haben großes Glück, dass wir die Möglichkeit haben, in einer so aufregenden Zeit der Technologie zusammenzukommen und dieses Unternehmen aufzubauen. Wir alle haben die Herausforderungen der Anpassung erlebt und die für das Unternehmertum unerlässliche Stärke und Flexibilität entwickelt.

    Ihr habt euer Produkt kürzlich gelauncht. Was war der größte „Aha-Moment“ auf dem Weg dorthin?

    Unsere größte Erkenntnis betraf die Einführung von KI in Unternehmen. Trotz des Hypes nutzen die meisten traditionellen und Enterprise-Unternehmen generative KI nur oberflächlich. Viele Anbieter zwingen Unternehmen neue Systeme auf, die nicht bereit für schnelle Veränderungen sind. Unser Ansatz, Dokumenten-Workflows zwischen bestehenden Systemen zu lösen und Unternehmen gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, vertraute Prozesse und Tools beizubehalten, bietet einen realistischeren Weg zur Einführung. Durch diese Systemlücken geht enorme Effizienz verloren, was die perfekte Gelegenheit für KI-Workflows schafft, die vorher aufgrund der enormen Gewinne an Argumentations- und Intelligenzfähigkeiten nicht möglich waren.

    Wonach sucht ihr aktuell? Wie kann das HTGF-Netzwerk euch unterstützen?

    Nachdem wir selektiv mit frühen Partnern zusammengearbeitet haben, sind wir bereit für die Skalierung. Wir würden gerne mit Unternehmen im Netzwerk sprechen, die bereit sind, diese Probleme anzugehen. Wir zielen auf mühsame Dokumenten-Workflows ab, die vor LLM nicht zu lösen waren. Zum Beispiel das Extrahieren von Daten aus 150-seitigen PDFs mit unzähligen Einzelposten in Kreditorenbuchhaltungsprozessen, bei denen jeder Kunde unterschiedliche Vorlagen verwendet. Diese mühsame Querverweisarbeit kostet Unternehmen Millionen und kein Mensch will sie machen. Genau diese Arbeitsabläufe wollen wir in Angriff nehmen.

    Welche Hürden musstet ihr beim Aufbau von Cloudsquid überwinden, die ihr nicht erwartet hattet?

    Der Aufbau auf sich schnell entwickelnden KI-Modellen erfordert eine ständige Neubewertung. Man muss sich immer wieder fragen, was möglich ist, und bereit sein, über Nacht umzuschwenken. Das treibt uns an, für die Zukunft zu bauen und anders zu denken. Es stellt auch die konventionelle Weisheit über die kundenorientierte Entwicklung von Funktionen in Frage. Kundenfeedback ist zwar wichtig, aber die Kunden verstehen die KI-Fähigkeiten heute nicht vollständig, geschweige denn in sechs Monaten. Wir müssen uns diese Zukunft für sie vorstellen.

    In der Pre-Seed-Phase ist jede Entscheidung wichtig. Welcher eurer ersten Schritte hat sich als der wertvollste erwiesen?

    Unsere Reise beinhaltete einen großen Pivot und mehrere kleinere, um unseren Fokus zu verfeinern. Pre-Seed erfordert eine experimentelle Denkweise, das Testen von Ideen und das Sammeln von Marktfeedback. Der schlimmste Fehler ist es, sich auf eine Idee festzulegen, von der man selbst oder der Markt nicht überzeugt ist. Wenn man das richtige Problem gefunden hat, erhalten Kundeninteraktionen eine andere Dynamik.

    Wie kam es zu eurem Pivot?

    Wir folgten dem üblichen Rat, eine Idee vorab zu verkaufen und nur einen Monat nach der Gründung ein kostenpflichtiges MVP zu erstellen. Wir haben vier Monate lang an diesem Projekt gearbeitet, bevor wir merkten, dass es nicht der richtige Weg für uns war. Für uns war das kontraproduktiv, weil es unsere Flexibilität einschränkte, unseren Instinkten und dem Feedback des Marktes zu folgen. Wir waren an die Erfüllung eines bezahlten Vertrags gebunden. Wir haben unsere Verpflichtung erfüllt, aber schnell die Richtung geändert. Diese Erfahrung hat uns wertvolle Lektionen über die Entwicklung von KI-First-Produkten gelehrt.

    Was ist euer bester Tipp für Gründer, die sich derzeit in der Pre-Seed-Phase befinden?

    Seid leidenschaftlich und überzeugt, aber schaltet euer Ego aus, wenn ihr falsch liegt. Anpassungsfähigkeit wird in dieser chaotischen Technologielandschaft über den Erfolg entscheiden. Verliebt euch in das Problem, nicht in eure Lösung.

    Vielen Dank für deine Zeit und die Einblicke!