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Wie nähere ich mich dem Product-Market Fit an, wenn ich keinen habe? – Der Customer Development Prozess

Von Fabian Hogrebe

Unterstützt von Gregor Haidl (Investment Manager), Ulrike Kalapis (Investment Manager), Yann Fiebig (Senior Investment Manager) und Dr. Andreas Olmes (Principal)


„Was kann ich tun, wenn ich den Product-Market Fit noch nicht erreicht habe?“ – Eine Frage, mit der wir regelmäßig konfrontiert werden. Leider gibt es dafür keine klare Linie, die es zu verfolgen gilt.

Dennoch hat jedes Start-up eine Chance, ihn zu erreichen. Somit sollte die Frage lauten: „Wie kann ich meine Chancen verbessern, den Produkt-Markt-Fit zu finden?“. Vielleicht ist dieser Weg nicht geradlinig und führt nicht immer zum Erfolg, aber induktive und iterative Ansätze helfen, eure Chancen zu verbessern!

Was wir bis jetzt über Product-Market Fit gelernt haben

In unseren letzten Artikeln haben wir drei Punkte herausgestellt: Product-Market Fit ist für Start-ups entscheidend, Product-Market Fit ist spürbar und Indikatoren helfen, diesen zu kennen.

Product-Market Fit aus HTGF-Sicht bedeutet, dass das Start-up die Probleme des Zielkunden vollständig und besser löst als potenzielle Wettbewerber.

Nun geben wir euch einen Weg an die Hand, wie ihr euch dem Product-Market Fit annähern könnt, falls ihr noch nicht so weit seid.

Alles beginnt mit dem Kunden

In unserem ersten Artikel haben wir Product-Market Fit wie folgt definiert: Die Value Proposition eines Start-ups muss mit dem Problem des Kunden übereinstimmen. Schon 2010, als Andreas in einem Vortrag über Product-Market Fit sprach, definierte er es wie folgt:

“Customer? ➢ Painful Problem? ➢ Effective Solution? ➢ Why Startup? ➢ Cash Customer? ➢ Cash Startup?”

Zudem zeigt die Definition von Andreas bereits einen Weg auf, den Gründer beschreiten können. Innerhalb der letzten 10 Jahre haben wir den Weg immer weiter konkretisiert und Fragen für jeden der einzelnen Schritte herausgearbeitet. Diese dienen als Indikator, ob ihr den nächsten Schritt gehen könnt.

Darüber hinaus haben wir gelernt: Ihr müsst mit einem einzigen Kunden (n=1!) beginnen. Versucht ihn zu 120%(!) zu verstehen, da sonst leicht wichtige Details übersehen werden können. Hier gibt es keine Abkürzung. Diese intensive Arbeit ist entscheidend und muss von den Gründern selbst geleistet werden.

Customer Development Process und Product-Markt Fit

Hier sind weitere gute Nachrichten: Ein ähnlicher Weg ist auch von anderen erklärt worden und scheint daher, eine gute Orientierung in Richtung Produkt-Markt Fit zu geben. Steve Blank beschreibt in seinem Customer Development Process einen ähnlichen Ansatz und startete damit die Lean Startup Bewegung. Er umfasst 4 Schritte von der „customer discovery“ über die „customer validation“ zur „customer creation“ bis hin zum „company building“. Wir haben diesen Weg mit Andreas‘ Definition von Product-Markt-Fit kombiniert. Die Kombination zeigt, dass dies eine sehr starke Methode ist, sich ihm zu nähern. Wir ihr sehen könnt, gehen die beiden Methoden Hand in Hand:  

Adaptiert aus The Four Steps to the Epiphany von Steve Blank

Pre-Product-Market Fit: agil und kapitaleffizient

Im Customer Development Process von Steve Blank beginnt alles mit der Suchphase. Diese Phase ist fast immer ein geschlossener Regelkreis und man wird ziemlich oft auf den „Start“ zurückgeworfen. Sie endet erst mit dem Erreichen des Product-Market Fit und kann bis zu zwei Jahre dauern. Ihr solltet ehrlich zu euch selbst und eurem Unternehmen sein und eine vorzeitige Skalierung, die Todesursache Nr. 1 der Start-ups, vermeiden! Daher müsst ihr für jeden der Schritte die Fragen vollständig beantworten können, bevor ihr den nächsten Schritt unternehmt. Ansonsten ist es Zeit für einen Pivot.

In der Phase vor Product-Market Fit, ist es wichtig, vorwiegend induktiv und iterativ zu arbeiten. Daher sind das Testen von Hypothesen und die Durchführung von Pivots der Schlüssel. Um dies umzusetzen, müssen Start-ups agil und kapitaleffizient agieren. Fail fast and focus on cash!

Ein Gründer aus unserem Portfolio gab uns den besten Ausdruck dafür: „Kapitalreichweite wird nicht in der Zeit gemessen, sondern in der Anzahl der Hypothesen, die man testen kann“.

Wir haben dies in unserem Industrial Tech Portfolio mit mehr als 150 Unternehmen sehr gut erlebt und beobachtet. Allerdings hat es auch einen Nachteil: Der Weg ist nicht so geradlinig, wie es vielleicht den Anschein hat.

Die größte Herausforderung, aber auch die wichtigste Chance, sind Pivots! Wie im kombinierten Modell des Customer Development Process gezeigt wird, stellt sich die Frage: Wie kann ich meine Hypothesen testen und am effizientesten Pivots durchführen?

Zusammengefasst

Leider gibt es keinen geraden Weg, keine gerade Linie oder Checkliste zum Product-Market Fit. Der wichtigste Weg ist: Vertraut euch selbst, seid sehr mutig, scheitert schnell und achtet auf eure Kapitalreichweite! Wir hoffen, dass diese Richtlinien helfen und freuen uns auf euer Feedback.

Im nächsten Artikel werden wir uns mit der hier offen gelassenen Frage auseinandersetzen: Wie kann ich meine Hypothesen testen und am effizientesten Pivots durchführen?

Schaut euch auch unsere anderen Artikel an:

Product-Market Fit: Der Haupt­grund für das Scheitern von Industrial Tech Startups im HTGF-Portfolio
Product-Market Fit im Industrial Tech – Der Weg zum Kundenverständnis
Woran erkenne ich Product-Market Fit als Industrial Tech Gründer?
Wie erkennen Industrial-Tech Gründer den Product-Market Fit?

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